Organisation gegen Leihmutterschaft in Österreich gegründet

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Organisation gegen Leihmutterschaft in Österreich gegründet –

Unterschriftenaktion zum Mitmachen

In Österreich hat sich die Initiative „Stoppt Leihmutterschaft“ gegründet, ein Zusammenschluss von Experten und Expertinnen verschiedener Fachgruppen, der sich für ein weltweites Verbot von Leihmutterschaft einsetzt.

Die Forderung wird auf der Seite in einer ausführlichen Stellungnahme begründet.

Wer den Inhalten zustimmt, kann die Unterschriftenaktion mit seiner Stimme unterstützen.

Der Verein Spenderkinder positioniert sich eindeutig gegen Leihmutterschaft. Mit der belgischen Spenderkinderorganisation Donorkinderen und der niederländischen Initiative Stichting Donorkind haben wir im vergangenen Jahr eine gemeinsame Erklärung gegen Leihmutterschaft abgegeben. Darin geht es um kommerzielle Leihmutterschaft.

Auch nicht-kommerzielle Leihmutterschaft ist ethisch bedenklich. Hauptaspekt ist hierbei, dass der entstehende Mensch dann zwar nicht gegen Geld „gehandelt“ sondern unentgeldlich „verschenkt“ wird. In beiden Fällen wird mit dem Menschen jedoch umgegangen, wie mit einem Objekt. Wenn ein Mensch wie ein Objekt behandelt wird, verletzt das seine Würde als Subjekt. Davon abgesehen widerspricht die vorsätzliche Trennung eines neugeborenen Kindes von der Mutter, die es ausgetragen hat, den Ergebnissen der pränatalen Bindungsforschung. Es ist allgemein bekannt, dass bereits während der Schwangerschaft ein intensiver Austausch und idealerweise positiver Beziehungsaufbau zwischen Mutter und Kind stattfindet. Ein vorsätzlicher Beziehungsabbruch nach der zudem hochgradig sensiblen Phase der Geburt, ist definitiv nicht im Interesse des Kindes.

Dieser Beitrag wurde unter Andere Länder und Internationales, Ethik, Leihmutterschaft, Reproduktionsmedizin abgelegt am von Anne.

http://www.spenderkinder.de/organisation-gegen-leihmutterschaft-in-oesterreich-gegruendet-unterschriftenaktion-zum-mitmachen/
Tags: Familie Familienrecht- family law austria germany Österreich Familienrecht, Country Translation Language – english – ПЕРЕВЕСТИ на Английский – Italia – lingua italiana – France français, Deutschland Familienrecht, Familie, Familienrecht, Kinderhandel, Kinderschutz, Kindeswohlgefährdung, Leihmutter, Menschenhandel, Mutter, Petition, psychische Gewalt, Reproduktionsmedizin, Samenspende, Spenderkinder.de, STOPPT Leihmutterschaft, Vereine – Österreich, WunschkindÖsterreich, Ethik, gegen Leihmutterschaft, Leihmutterschaft, ReproduktionsmedizinReproduktionsmedizin, Spenderkinder, unterschriftenaktion, Verein

??? Justizminister Reform d. Abstammungs- Familienrechts

Justizminister plant grundlegende Reform des Abstammungs- und Familienrechts

Jetzt klären wir erstmal Abstammung und rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung
Bild: MEV Verlag GmbH, Germany

 

 

Die soziale Wirklichkeit hat sich geändert, das Familienrecht muss folgen. So sieht es der Bundesjustizminister in Anbetracht der Gerichtsfälle um Reproduktionsmedizin und vielfältigere Familienkonstellationen. Nun liegen die von ihm in Auftrag gegebenen Reformgrundsätze vor und planen u.a. Mit-Mütter und eine rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung an Stelle der Abstammung.

Ein interdisziplinärer Arbeitskreis zur Planung eines neuen Abstammungs- und Familienrechts wurde 2015 eingesetzt. Nun legten die Sachverständigen der Bereiche Familienrecht, Verfassungsrecht, Ethik und Medizin bzw. Psychologie am 04.07.2017 Heiko Maas ihren Planungsbericht für die Gesetzgebung vor.

Reform des Abstammungsrechts: Vorschläge des Expertenkreis

Im Zentrum der Neuorientierung steht die sich immer differenzierter darstellende Mutterschaft, deren Rolle und Rechte immer wieder die Gerichte beschäftigt.

( -> Leihmuttervertrag ist sittenwidrig ,

Kein Umgangsrecht für die leibliche Mutter)

Gebärende Mutter soll weiter rechtliche Mutter bleiben

Folgende Kernthesen wurden von der Expertenrunde aufgestellt:

  • Als rechtliche Mutter soll weiterhin die gebärende Frau gelten.
  • Als zweiter Elternteil soll sowohl ein Mann („Vater“) als auch eine Frau („Mit-Mutter“) in Betracht kommen.
  • Mit der neu eingeführten „Mit-Mutterschaft“ soll es lesbischen, in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft bzw. künftig verheirateten, Frauen ermöglicht werden, dass diese automatisch bei der Geburt des Kindes rechtlich die gemeinsamen Mütter werden.
  • Bei der ärztlich assistierten Fortpflanzung mit Spendersamen soll nach einem Einwilligungskonzept die Person die zweite Elternstelle besetzen, welche in die ärztlich assistierte Fortpflanzung eingewilligt hat (bei Verzicht des Samenspenders auf die Elternschaft).
  • Das aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete und neu geregelte  Recht jedes Menschen auf Kenntnis der Abstammung durch einen Anspruch auf „statusunabhängige“ gerichtliche Klärung der genetischen Abstammung soll gestärkt werden.

Kind soll auch zukünftig nicht mehr als zwei Elternteile haben

Darüber hinaus empfiehlt der Arbeitskreis

  • anstelle des Begriffs der Abstammung der Begriff „rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung“ zu verwenden.
  • Zwar sei die genetische Abstammung der wichtigste, jedoch auch nach bereits geltendem Recht nicht der einzige Anknüpfungspunkt für die rechtliche Zuordnung der Elternschaft.
  • Zudem haben sich die Experten dafür ausgesprochen, dass ein Kind auch weiterhin nicht mehr als zwei Elternteile haben soll.

Keine Regelungen zur verbotenen Eizellenspende und Leihmutterschaft

Des Weiteren soll die Position des genetischen Vaters, der von Beginn an die Elternverantwortung für das Kind übernehmen will, gestärkt werden.
Zum Arbeitsauftrag der Experten gehörten jedoch nicht die Leihmutterschaft und die Eizellenspende, da diese in Deutschland verboten sind.

Dennoch ist bei der Eizellenspende die Geburtsmutter, also die Empfängerin der Spende, auf Grundlage des geltenden Rechts (§ 1591 BGB) als rechtliche Mutter zuzuordnen. Eine Anfechtung der Mutterschaft soll, anders als die rechtliche Vaterschaft, weiterhin nicht möglich sein, beispielsweise in den Fällen, in welchen der Mutter nicht die eigenen, sondern irrtümlich die befruchtete Eizelle einer anderen Frau übertragen wird.

Hinsichtlich einer im Ausland nach dem dortigen Recht legal durchgeführten Leihmutterschaft und einem genetischen Elternteil, vertrat der Arbeitskreis mehrheitlich die Auffassung, dass dem Kind der ihm nach ausländischem Recht zugeordnete Elternteil erhalten bleiben soll.

Besetzung der Expertenkommission

Zu den elf Sachverständigen gehörten neben der ehemaligen Vorsitzenden Richterin des für das Familienrecht zuständigen BGH-Senats Dr. Meo-Micaela Hahne weitere acht Fachjuristen aus den Bereichen Verfassungs- und Familienrecht sowie die ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Prof. Dr. Christiane Woopen und der Diplom-Psychologe am Deutschen Jugendinstitut e.V..

News zum Thema:

Ehe für alle

Stiefkinderadoption bleibt verheirateten bzw. verpartnerten Personen vorbehalten

Elternrecht im Wandel – 2 Mütter für ein Kind

Die begrenzten Rechte biologischer Väter

Hintergrund

  • Leibliche oder biologischer Vater: Wer ein Kind zeugt, ist der leibliche Vater. Die biologische Vaterschaft ist aber nicht notwendig, um als rechtlicher Vater zu gelten.
  • Rechtlicher Vater: Nach dem BGB ist der Mann Vater eines Kindes, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.
  • Stiefvater oder sozialer Vater: Ein neuer Partner der Mutter übernimmt für deren Kind u.U. eine soziale Vaterrolle, bleibt aber ohne rechtliche Beziehung zum Nachwuchs. Diese erreicht er ggfs. durch eine Stiefkindadoption.
  • Adoptivvater: Er ist juristisch dem rechtlichen Vater gleichgestellt, das Kind hat in der Adoptivfamilie die gleichen Rechte wie ein eheliches Kind. Die rechtlichen Verbindungen zwischen Adoptivkind und seinen leiblichen Eltern werden dagegen vollständig gekappt.
  • Pflegevater: Sie sind «Väter auf Zeit». Ein Pflegekind bleibt immer ein Mitglied seiner Herkunftsfamilie und behält deren Namen. Der Gesetzgeber versteht die Pflegschaft als vorübergehende Maßnahme, um das Kind zu versorgen und womöglich wieder zu seinen leiblichen Eltern zurückzubringen.
  • Scheinvater: Ihm wird in einer Ehe oder Partnerschaft ein Kind untergeschoben, etwa wenn er mangels Verdacht oder wider besseres Wissen die Vaterschaft anerkennt oder nicht anficht, aber nicht der biologische Vater ist.

 

14.07.2017 | Familienmodell mit Mit-Mutter

https://www.haufe.de/recht/familien-erbrecht/grundlegende-reform-des-abstammungs-und-familienrechts_220_418820.html

Schlagworte zum Thema:  Adoption, Umgangsrecht, Familienrecht, Eltern, Künstliche Befruchtung, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Menschenrecht, Stiefkind – Homoadoption – Kinderhandel – Homosexuelle – Kinderrechte – Kinderschutz – Menschenhandel – Spenderkinder – Transgender Kinder

 

 

 

 

Terror Zwangsadoption «Sie nahmen mir den Buben sofort weg»

Ich behaupte, dass jede Adoption von Kindern unter 14 Jahren eine ZWANGSADOPTION ist, weil der „Wille des Kindes“ NICHT berücksichtigt wird!!!
Die gesamte Adoption unter 14 Jahren gehört m.M. nach verboten.

Die derzeitige Anonymität der leiblichen Eltern ist ein Verbrechen an den Kindern und ist eindeutig eine Mescherrechtsverletzung. Deutschland hat durch die Bundesverfassung im Jahr 2015 und Druck des Verein Spenderkinder, per Gesetz die Anonymität aufgehoben.
Durch eine 100 jährige Datenbank muss spätestens jeden Volljährigen ermöglicht werden den Namen, Geburtsdatum, letzten Wohnort zu erfahren.
Jedes Kind hat das Recht regelmässigen Kontakt zu seinen leiblichen Eltern von Geburt an  lt. UN-Kinderrechtskonventionen.

Admin Familie & Familienrecht, am 26.10.2015

Artikel >>>

Heime, Schläge, Zwangsarbeit: Maria Magdalena Ischer erlebte den Terror der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen, die bis 1981 in der Schweiz praktiziert wurden. Ein erschütternder Lebensbericht – aufgezeichnet vor ihrem Tod im Frühling.

von Fredi Lerch

Schlafraum im Loryheim Münsingen: Eine der Stationen auf Maria Magdalena Ischers unglaublicher Odyssee in Zeiten der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen. Aufnahme von 1970. Foto: Reto Hügin © StAAG/RBA

«Geboren wurde ich im Sommer 1949 im Frauenspital Bern unter dem Namen Maria Magdalena Nadalet. Das ist der Name meiner Mutter, einer Italienerin aus Limana, nördlich von Venedig. Später hat mein Vater sie wegen mir geheiratet. Aber die beiden hatten es nie gut. Der Mutter gelang es später, zwei Freundinnen zur Aussage zu bewegen, mein Vater habe meine Mutter gezwungen, auf den Strich zu gehen. Er wurde deshalb als Zuhälter verurteilt und sass einige Zeit im Gefängnis Thorberg. Aber für mich blieb er während meiner Kindheit die einzige Person, die zu mir hielt und der ich vertraut habe. Obwohl ich ihn selten sah, war er mein Ein und Alles. Und ich war seine Sissi, seine Prinzessin. Wir hatten eine fast telepathische Zusammengehörigkeit.

Aufgewachsen bin ich vor allem in Heimen, meistens also hinter Mauern: Schon mit einem Jahr war ich im Klösterli Baden, dann im baselländischen Mariahilf Laufen, im berühmt-berüchtigten Kinderzuchthaus Rathausen im Luzernischen, im Jugendheim Bümpliz bei Bern, im Sankt-Gallischen in Altstätten und Rebstein, in einer Pflegefamilie im aargauischen Sins.

Ich erinnere mich, dass wir in Baden als Zwei- oder Dreijährige wegen einer Kissenschlacht von den Klosterfrauen kniend an die Heizkörper gebunden und gezwungen worden sind, auf den seitlich ausgestreckten Händen je einen Schuh zu halten, in meiner Erinnerung stundenlang. Ich erinnere mich, dass man uns in Laufen immer wieder kopfüber in die grossen Waschzuber gesteckt hat, bis wir fast erstickten, wenn wir zu spät aus dem Kindergarten ins Heim zurückgekommen sind. Ich erinnere mich, dass ich in Rathausen mit dem Rohrstock verprügelt wurde und dass mich dort mein Vormund zwang, Randensalat, den ich nie vertragen habe und deshalb erbrochen hatte, noch einmal zu essen. Und zwar hat er mich so lange immer wieder geschlagen, bis der letzte Rest weg war. Und wenn ich in Rathausen am ganzen Körper blau gewesen bin von den Schlägen, hat man meinen Vater angerufen und ihm seinen angekündigten Besuch abgesagt, weil ich böse gewesen sei. Man konnte mich ja in meinem zerschlagenen Zustand nicht gut vorzeigen.

Angedrohte Zwangssterilisation

Maria Magdalena Ischer, Zwangsversorgte: «Damit ich überleben konnte, musste ich Seele und Körper trennen.»

Ich übertreibe nicht, wenn ich sage: Ich musste während der ersten zwanzig Jahre kämpfen, um überhaupt zu überleben. Und damit ich überleben konnte, musste ich irgendwann Seele und Körper trennen. Sonst wäre ich kaputtgegangen. Sonst hätte ich Selbstmord gemacht. Oft habe ich mich in jenen Jahren wie von aussen gesehen. Andere sind damals zerbrochen. Mich konnte man nicht brechen. Ich wollte immer wieder wissen, wieso man mit mir so umging. Und dafür wurde ich wieder bestraft.

Als ich knapp vierzehn Jahre alt war, lebte ich in einer Pflegefamilie in der Nähe des luzernischen Nottwil. Dort versuchte der Pflegevater, mich zu vergewaltigen. Ich konnte mit knapper Not fliehen, nachts, barfuss. Irgendeinmal stand ich in der Gaststube eines Wirtshauses. Auf meine Bitte hin telefonierte man dort meiner Mutter. Sie holte mich mit ihrem zweiten Mann ab. Kurz darauf wurde ich in die Psychiatrische Klinik Münsingen im Kanton Bern eingeliefert, angeblich, weil man ein Gutachten machen müsse, ob ich die Wahrheit sage. Obschon das Gutachten ergab, dass ich tatsächlich die Wahrheit gesagt hatte, steckte man mich in eine geschlossene Abteilung und pumpte mich mit Medikamenten voll.

Knapp zwei Jahre später, im Herbst 1965, lernte ich Peter M. kennen. Er verführte mich. Ich hatte keine Ahnung, weil ich nie aufgeklärt worden war. Mein Pech war, dass ich gleich schwanger wurde. Meine Mutter und ihr zweiter Mann sagten: ‹Dieser Bastard kommt uns auf keinen Fall ins Haus.› Deshalb kam ich zum zweiten Mal in die Psychiatrische Klinik Münsingen. Weil ich laut den Akten, die es dort ja bereits gab, psychotisch war, sah man für mich einen Schwangerschaftsabbruch und eine Zwangssterilisation vor. Peter M., der Vater meines Kindes, war in jener Zeit im Militär.

Mir war klar, dass ich als Katholikin eine einzige Chance hatte, nämlich mit dem katholischen Priester in Kontakt zu kommen, der auf dem Areal verkehrte. Das gelang, und ich sagte ihm, man wolle das Kind in meinem Bauch ermorden. Der Priester half mir. Weder Schwangerschaftsabbruch noch Zwangssterilisation wurden durchgeführt. Dafür kam ich in Münsingen ins Loryheim. Für mich war das ein Gefängnis, und bald einmal haute ich ab. Die Polizei verfolgte mich mit Schäferhunden, fing mich ein und schickte mich mit dem Gefängniswagen der Eisenbahn nach Bern. Und von dort brachte man mich in die Erziehungsanstalt Lärchenheim in Lutzenberg über dem Rheintal. Dort war es so, dass die Eltern für das Heim bezahlten und ich hochschwanger Zwangsarbeit machen musste. Am Tag vor der Geburt war ich krank und fiebrig und musste den ganzen Tag mithelfen, ein Einfamilienhaus zu putzen.

Mein Sohn kam tags darauf, am 31. Juli 1966, im Spital Heiden zur Welt. Ich hatte hohes Fieber. Die Hebamme sagte bloss, ich hätte ja auch das Vergnügen gehabt, sonst wäre ich nicht schwanger geworden. Deshalb müsse ich jetzt nicht jammern. Bei der Geburt hat man nicht geschnitten, deshalb war danach der ganze Dammbereich zerrissen. Im Geburtsraum spottete jemand, kaum war der Bub auf der Welt, wegen der leicht dunkleren Haut: ‹Typisch, auch noch ein Neger!› Sie nahmen mir den Buben sofort weg. Weil ich aber wusste, dass mein Kind eine dunklere Haut haben musste, fand ich es im Säuglingszimmer sofort, holte es zu mir und nahm es bei der Rückkehr ins Lärchenheim mit. Die einzige Person, die mich damals im Spital besucht hat, war mein Vater. Weil er sich einen Thomas wünschte, habe ich den Buben Thomas genannt.

Einige Zeit später kam es im Lärchenheim zu einer Nacht- und Nebelaktion. Eines Abends beim Einnachten fuhr ein Auto vor. Leute der Vormundschaftsbehörde Bern kamen ins Heim, packten meinen Sohn in eine blaue Tasche und gingen sofort wieder. Ich rannte ihnen nach und hinter dem Auto her. Seit jenem Abend habe ich Thomas nie mehr gesehen. Hundertprozentig sicher bin ich, dass ich nie eine Verzichtserklärung unterschrieben habe.

Gefängnisausbruch, dann Einzelhaft

2010, während der Suche nach meinen Akten, ist mir ein Brief von Peter M. ausgehändigt worden. Er stammt vom 3. August 1966. Darin heisst es: ‹Madelaine, Du darfst unseren Sohn nie und nimmer weggeben! Denn das könnte ich Dir nie verzeihen! Nur Mut, Madelaine, Du wirst Deinen Sohn immer bei Dir haben. Bitte Madelaine, hab noch ein paar Tage Geduld. Denn ich werde noch diesen Monat zu Dir kommen.›

Ich habe ihn nie mehr gesehen. Ihm hat man damals offenbar gesagt, ich hätte den Buben zur Adoption freigegeben; mir, Peter wolle nichts mehr von mir wissen. Letzthin habe ich ihn angerufen. Es war ein unangenehmes Telefon. Er hat gesagt, es sei ja nicht sicher, dass das Kind damals von ihm gewesen sei.

Nach dem Raub meines Sohns bin ich im Lärchenheim durchgedreht. Ich habe derart getobt, dass man mich schliesslich in den Kanton Bern abgeschoben hat. Ich kam zuerst ins Bezirksgefängnis der Stadt Bern und danach direkt ins Frauengefängnis Hindelbank. So konnte ich mein Kind nicht mehr suchen, und man hatte vor mir Ruhe. Das war Anfang Juli 1967.

Ich erinnere mich, dass ich in Hindelbank den Direktor Meyer angefallen habe. Obschon ich klein und schmal war, gelang es mir, ihn zu Boden zu werfen und zu würgen. Ich schrie ihn an, wenn ich schon hier sein müsse, könne ich ihn geradeso gut umbringen, dann könne ich zumindest einmal mit der Polizei reden. Man hat mir durch die Kleider hindurch eine Spritze in den Hintern gemacht und mich dann im Keller ins Cachot geworfen.

In Hindelbank träumte ich, dass mein Vater bei einem Autounfall ums Leben komme. Zwei, drei Monate später ereignete sich zwischen Lausanne und Murten genau dieser Unfall. Mein Vater starb. Die Beerdigung fand in Murten statt. Ich durfte hingehen, und zwar im Gefängniswagen der Eisenbahn, in Begleitung einer Wärterin. Am Grab meines Vaters stand ich dann gefesselt mit Handschellen. Mit siebzehn und ohne dass ich zuvor je ein Delikt begangen hatte.

Dann bin ich in Hindelbank ausgebrochen. Ich war gut im Klettern. Durch das WC-Fenster in den Innenhof und von dort über den hohen Zaun. Ich bin mehrere Meter hinuntergesprungen, mir war es scheissegal, ob ich mich verletze. Auch der Tod konnte nicht schlimmer sein, er wäre eine Erlösung gewesen. Ich habe mich nach Winterthur durchgeschlagen und kam bei einem Pfarrer unter. Er überzeugte mich, nach Hindelbank zurückzukehren, indem er mir versprach, er setze sich dafür ein, dass ich wegen der Flucht nicht bestraft würde. In Hindelbank kam ich danach zuerst ins Cachot und danach drei Monate in Einzelhaft.

Viele Jahre Zwangsarbeit

Insgesamt sass ich fünfzehn Monate in diesem Frauengefängnis, dauernd gequält von der Frage: Wo ist mein Bub? Und hat er nun dasselbe Schicksal, das ich gehabt habe? Unterdessen besitze ich einen Briefwechsel aus diesen Monaten zwischen dem kantonalbernischen Jugendamt und der Justizdirektion. Daraus geht hervor, dass es bis zum Schluss meiner Haftzeit kein rechtsgültiges Dokument für meine Einweisung ins Gefängnis gab. Der Briefwechsel endet mit einem Schreiben des Polizeidirektors an den Regierungsrat Robert Bauder vom 20. November 1968. Darin steht: ‹Die Überführung der Maria Magdalena Ischer vom 4.7.1967 in die Anstalten von Hindelbank erfolgte ohne unsere Zustimmung; der Einweisungsbeschluss der Vormundschaftsbehörde Bern vom 28.3.1967 wurde von uns nicht akzeptiert. Die Tochter hielt sich somit während über eines Jahres ohne gültigen Rechtstitel in der Erziehungsanstalt auf.›

Viele Jahre lang musste ich in diesem Land Zwangsarbeit leisten, vom Kartoffelnauflesen mit fünf bis zur Arbeit in der Wäscherei des Frauengefängnisses mit achtzehn. Wobei: Die strafrechtlich Verurteilten dort verdienten immerhin ein Pekulium, wir Administrativen verdienten gar nichts. Ich erinnere mich, dass ich dort mehr als einmal Brot gegessen habe, das Fäden zog und voller Maden war. Als ich im Herbst 1968 entlassen wurde, drückte man mir eine Zwanzigernote in die Hand und sagte, ich käme ja sowieso schnell wieder. Als ich zwanzig wurde, hatte ich keine Ausbildung, und der Staat hat für mich keinen Rappen AHV einbezahlt. Mein Berufswunsch wäre gewesen, Juristin zu werden. Später habe ich zeitweise angeschafft, um finanziell irgendwie über die Runden zu kommen. Heute lebe ich von einer Minimalrente mit Ergänzungsleistungen. Mir hat die Schweiz mein ganzes Leben versaut. Ich habe nie eine Chance bekommen.

Letzthin war ich in Bern auf dem Amt für Erwachsenen- und Kinderschutz, weil ich endlich einen Kontakt zu meinem Sohn Thomas will. Man sagte mir nur, mein Sohn habe zwei Töchter und wolle keinen Kontakt mit mir. Aber ich kann nicht abschliessen, solange ich nicht sicher bin, dass er die Wahrheit weiss. Man hat ihm ja sicher immer erzählt, seine Mutter sei eine Hure und eine Verbrecherin gewesen. Aber ich war beides nicht. Ich hätte ihn nie freiwillig hergegeben, nie. Um kein Geld der Welt. Und jetzt weiss ich nicht einmal, ob mein Sohn von den Behörden nicht verkauft worden ist. Er war ja ein schönes Kind, schwarze Haare, blaue Augen. Und man weiss ja, dass die schönen Kinder damals verkauft worden sind.

Ich kann akzeptieren, wenn Thomas mich heute nicht mehr sehen will. Alles, was ich mir von ihm wünsche, ist ein handgeschriebener Brief, in dem er schreibt, wie ers gehabt hat, und mir bestätigt, dass er meine Geschichte kennt, und ein Foto. Wenn er ein bisschen etwas von meinem Herzen hat, wird er mir das nicht verweigern. Sobald ich diesen Brief habe, werde ich alles akzeptieren können.»

Maria Magdalena Ischer ist Ende März dieses Jahres im Zürcher Sterbehospiz an Krebs gestorben. Laut einer guten Freundin habe sie es dort so schön gehabt wie noch nie in ihrem Leben. Ihren Sohn hat sie nie getroffen. «In anderen Sphären werde ich ihn aber wiederfinden», habe sie zuletzt gesagt.

Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen

Der Vorschlag des Bundesrats

Endlich wird es konkret: Ende September ist die Vernehmlassung zum bundesrätlichen Entwurf für die Entschädigung von Verdingkindern und anderen Opfern von Zwangsmassnahmen abgeschlossen worden. Es handelt sich um einen indirekten Gegenvorschlag zur Wiedergutmachungsinitiative, die im Dezember 2014 unter Federführung von Guido Fluri, einem ehemaligen Heimkind, eingereicht worden war.

Die InitiantInnen begrüssen die Stossrichtung des Bundesrats, die «ganz im Zeichen der historischen Gerechtigkeit» stehe, zumal viele ihrer Forderungen aufgenommen seien – in der wissenschaftlichen Aufarbeitung und Archivierung ebenso wie in der Akteneinsicht für betroffene Personen. Gewürdigt wird zudem, dass möglichst viele betagte und gesundheitlich angeschlagene Opfer noch von der «Wiedergutmachung» profitieren sollen.

In einem wesentlichen Punkt jedoch gehen die Vorstellungen auseinander: beim Gesamtbetrag für die Solidaritätsbeiträge. Derweil der Bundesrat hierfür 300 Millionen Franken vorsieht, beharren die InitiantInnen auf einem Fonds von 500 Millionen Franken. Im Gegensatz zum Bundesrat, der mit maximal 15 000 lebenden Opfern rechnet, gehen sie von rund 20 000 Anspruchsberechtigten aus: «Ein Durchschnittsbetrag von weniger als rund 25 000 Franken pro Opfer wäre für viele Betroffenen nicht akzeptabel», schreiben die InitiantInnen. Neben den rund 10 000 lebenden Verdingkindern erwähnen sie insbesondere die gegen 10 000 ehemaligen Heimkinder, die körperlich und/oder seelisch misshandelt, missbraucht oder mittels Zwangsarbeit ausgebeutet wurden.

Im Dezember soll die Botschaft bereit sein. Voraussichtlich wird die Vorlage ab dem Sommer 2016 im Parlament behandelt. Nach Inkrafttreten des Gesetzes ist eine sechsmonatige Frist zum Einreichen der Gesuche für einen Solidaritätsbeitrag vorgesehen, sodass frühestens im Herbst 2017 mit den Auszahlungen begonnen werden könnte.

Die Vernehmlassungsantworten machen Hoffnung, dass der Gegenvorschlag parlamentarisch abgesegnet und das Bekenntnis, die Aufarbeitung voranzutreiben und den Schwerstbetroffenen die notwendige finanzielle Hilfe zukommen zu lassen, umgesetzt wird. Momentan stemmt sich einzig die SVP dagegen.

Im Lauf der letzten Jahre gab es zwar erste Schritte zur Rehabilitierung: An einem Gedenkanlass im April 2013 bat Justizministerin Simonetta Sommaruga die Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen im Namen des Bundesrats um Entschuldigung; ein Jahr später verabschiedete das Parlament ein Gesetz, mit dem das Unrecht anerkannt wird. Eine finanzielle Wiedergutmachung ist darin jedoch nicht vorgesehen. Derzeit gibt es nur einen Soforthilfefonds, aus dem bislang 4,56 Millionen Franken an 570 Personen ausgezahlt wurden (durchschnittlich rund 8000 Franken pro Person).

Adrian Riklin

Zeitgeschichtliche Recherche

Wegen «Liederlichkeit» weggesperrt

Fürsorgerische Zwangsmassnahmen wurden in der Schweiz bis 1981 angeordnet. Manche der Opfer wurden als Kinder an Bauernhöfe verdingt, andere zwangssterilisiert, für Medikamentenversuche missbraucht oder wegen «Arbeitsscheu», «lasterhaften Lebenswandels» oder «Liederlichkeit» weggesperrt; wieder andere als Kinder ihren Müttern entrissen und zwangsadoptiert. Der Zugang zu Gerichten blieb den Betroffenen in den meisten Fällen verwehrt.

Vor dem Hintergrund, dass insbesondere die Zwangsadoption kaum aufgearbeitet ist, erteilte der Verein Netzwerk-verdingt dem Journalisten und ehemaligen WOZ-Redaktor Fredi Lerch einen Rechercheauftrag. Lerch hat darauf im Stadtarchiv Bern rund vierzig Adoptionsdossiers aus der Zeit bis Ende der siebziger Jahre studiert. Mit zwei betroffenen Müttern hat er ausführliche Gespräche geführt (das eine davon ist hier ungekürzt abgedruckt).

Beeindruckt habe ihn bei dieser Arbeit, so Lerch, neben der Tragik der Einzelschicksale insbesondere die Unvereinbarkeit von mündlichen und schriftlichen Quellen: «Abgesehen davon, dass unbestrittenermassen nicht jede Adoption eine Zwangsadoption gewesen ist, ist aus den schriftlichen Dokumenten Zwang im Sinn von Drohung, Einschüchterung, Nötigung, Erpressung, Gewaltanwendung höchstens ausnahmsweise ersichtlich.» Ausübung von Druck auf die zumeist ledigen und mittellosen Mütter müsse aus den Dokumenten implizit, mit «logischer Fantasie» erschlossen werden und bleibe so ein Stück weit spekulativ. Andererseits wurde Lerch in den Gesprächen «mit der Schilderung von gnadenlosen Zwangslagen und einer behördlichen Brutalität konfrontiert, die auch dann noch unmenschlich gewesen wäre, wenn sie in allen Teilen vom Gesetz gedeckt gewesen sein sollte».

Aus dem zusammengetragenen Material hat Lerch einen grossen Text verfasst, der im Oktober 2014 als Broschüre veröffentlicht wurde. Es ist die bislang fundierteste monografische Darstellung der Zwangsadoption in der Schweiz.

Adrian Riklin

Fredi Lerch: «Zwangsadoption. Eine zeitgeschichtlich-journalistische Recherche im Auftrag des Vereins Netzwerk-verdingt». Bern 2014. 
Als PDF unter: tinyurl.com/zwangsadoption

Nr. 43/2015 vom 22.10.2015
https://www.woz.ch/-63b9

 

Rechtslücken in der Reproduktionsmedizin – Deutscher Bundestag

Rechtslücken in der Reproduktionsmedizin

Gesundheits- und Rechtsexperten empfehlen der Bundesregierung gesetzliche Klarstellungen auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin. Wie die Bundesärztekammer (BÄK) anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages unter Vorsitz von Dr. Edgar Franke (SPD) am Mittwoch, 14. Oktober 2015, zur Kostenübernahme für die künstliche Befruchtung bei nicht verheirateten Paaren schriftlich anmerkte, sei eine ,,systematische Rechtsentwicklung für diesen medizinisch, ethisch und rechtlich ebenso komplexen wie sensiblen Bereich“ nötig.

Der Gesetzgeber sei aufgefordert, zunächst ,,die rechtlichen Regelungen zur Reproduktionsmedizin zu schaffen“, bevor Finanzierungsfragen angegangen werden könnten. Die Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (DGRM) schloss sich in ihrer schriftlichen Stellungnahme dieser Einschätzung vollständig an.

Regierung lehnt Antrag zur partiellen Kostenübernahme ab

In der Expertenanhörung ging es um einen Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/3279), wonach auch nicht verheirateten Paaren die Kosten für eine künstliche Befruchtung anteilig erstattet werden sollten. Künftig sollten neben verheirateten auch sogenannte verpartnerte sowie nicht formalisierte Paare in auf Dauer angelegten Beziehungen für Maßnahmen der homologen (Samen des Partners) oder heterologen (Samenspende) künstlichen Befruchtung einen gesetzlichen Anspruch auf partielle Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung haben.

Die Bundesregierung lehnt eine erweiterte Zuschussregelung für künstliche Befruchtungen zugunsten eingetragener Lebenspartnerschaften bisher ab. In ihrer Antwort (18/3392) auf eine Kleine Anfrage (18/3028) der Fraktion Die Linke schrieb die Regierung im Dezember 2014, nach Paragraf 27a Sozialgesetzbuch V hätten nur verheiratete Paare Anspruch auf solche Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Zudem gelte dies ausschließlich unter Verwendung der Ei- und Samenzellen der Ehepartner. Bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften fehlten somit zwei Voraussetzungen für die Gewährung dieser Leistung. Der Bundestag hatte zuletzt im Dezember 2014 über die Gesetzesvorlage und künstliche Befruchtungen im Allgemeinen beraten.

Ungeklärte rechtliche Fragen

Der Verein Wunschkind begrüßte die mit dem Gesetzentwurf deutlich werdende Absicht, allen Paaren, die auf dem herkömmlichen Weg nicht Eltern werden könnten, doch noch ein Leben mit eigenen Kindern zu ermöglichen, unabhängig von ihrem rechtlichen Partnerstatus und ihrem Geschlecht. Jedoch gebe es in der Reproduktionsmedizin seit vielen Jahren ungeklärte rechtliche Fragen, die schnell beantwortet werden sollten. Dabei gehe es um das Kindeswohl und die Elternrechte.

Was die Gleichstellung von Frauenpaaren mit Kinderwunsch angehe, sei nicht einzusehen, weshalb ihnen die Kostenübernahme bei künstlichen Befruchtungen verweigert werden sollte, argumentierte der Verein, zumal auch sie GKV-Beiträge zahlten. Studien hätten zudem gezeigt, dass Kinder in Regenbogenfamilien genauso gut gediehen wie in herkömmlichen Familien. Frauenpaare wünschten sich auch nicht vorrangig eine Kostenübernahme, sondern eine rechtliche Regelung. So müssten diese Familien lange auf den Abschluss ihrer Stiefkind-Adoption warten, um als gleichwertige Eltern anerkannt zu werden.

Juristin: Fälle werden immer kurioser

Eine juristische Sachverständige von der Ärztekammer Nordrhein gab aber zu bedenken, dass unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit und Gerechtigkeit diese GKV-Leistung für homosexuelle Frauen nur in Betracht käme, wenn Fruchtbarkeitsstörungen vorlägen. Die Rechtsexpertin forderte daneben rechtliche Klarstellungen in den Bereichen Anerkennung, Unterhalt und Erbfolge.

Nach heutiger Rechtslage könnten Samenspender nach Feststellung der Vaterschaft auf Unterhalt verklagt werden. Bei einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung durch das Kind fielen außerdem die erbrechtlichen Beziehungen zum Vater weg und entstünden zum biologischen Vater. Die Juristin betonte in der Anhörung: ,,Die Rechtsprechung hat enorm zugenommen, die Fälle werden immer bunter, es wird letztlich immer kurioser“.

Klärung der Rechte für Spender, Eltern, Kinder und Ärzte

Auch der Bundesverband Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands (BRZ) forderte eine sichere rechtliche Grundlage, bevor über erweiterte Kostenerstattungen gesprochen werde. Mehr als 25 Jahre nach Inkrafttreten des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) seien die Rechte für Spender, Eltern, Kinder und Ärzte nicht durchgängig geklärt. Der BRZ erinnerte hier an das Recht auf Wissen um die genetische Herkunft der Kinder, die nach einer Samenspende geboren wurden. Ein zentrales Register zur Aufbewahrung der Behandlungs- und Spenderdaten gebe es bis heute nicht.

Darauf verwies in der Anhörung auch eine Sprecherin des Vereins Spenderkinder. Sie schilderte, wie schwierig es für Kinder sein könne, ihren leiblichen Vater nicht zu kennen. Nur etwa 30 Prozent der Eltern mit Kindern aus einer Samenspende klärten ihre Kinder über die Situation auf. Samenspenden seien insofern ethisch bedenklich, weshalb die Kostenübernahme in diesen Fällen abgelehnt werde. Nötig wären auf jeden Fall eine Eintragung des Spenders in das Geburtenregister sowie ein ausdrücklicher Anspruch auf Kenntnis der Abstammung gegenüber den Eltern, Ärzten und Samenbanken.

Leistungen der Solidargemeinschaft

Eine ,,systematische Rechtsentwicklung“ in reproduktionsmedizinischen Fragen verlangte auch der Bundesverband pro familia. Diese sollte die medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Rechte der Paare und der Ärzte, der Spender von Geschlechtszellen (Gameten) im In- und Ausland, das Kindeswohl, die qualitätsgesicherte Information, Beratung und Behandlung sowie Lebensrealitäten berücksichtigen. Der Verband sprach sich dafür aus, das Embryonenschutzgesetz zu einem ,,Fortpflanzungsmedizingesetz“ weiterzuentwickeln.

Ein Rechtsmediziner wies darauf hin, dass Leistungen der Solidargemeinschaft immer ,,zweckmäßig und wirtschaftlich“ sein müssten. Bei der Kinderwunschbehandlung lasse sich verglichen mit einer Krankenbehandlung ,,kaum von einer Notwendigkeit höchsten Grades sprechen“. Hinzu komme die begrenzte Erfolgsaussicht bei der assistierten Reproduktion. Der Kostenaufwand sei bei rund 3.500 Euro pro Behandlungszyklus und einem Kostenfaktor von insgesamt rund 300 Millionen Euro pro Jahr zudem durchaus beachtlich. Die heterologe Insemination werfe auch zahlreiche rechtliche, methodische und Verfahrensfragen auf.

Erweiterung des Leistungsanspruchs

Der GKV-Spitzenverband erklärte, der Gesetzentwurf beinhalte gesellschaftspolitische und eventuell auch verfassungsrechtliche Fragestellungen. Die Krankenkassen enthielten sich daher einer Bewertung. Allerdings stelle sich konkret die Frage, wie eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft von anderen Lebensgemeinschaften abzugrenzen sei.

Die Erweiterung des Leistungsanspruchs auf Fälle der heterologen Befruchtungen auch für verheiratete oder andere heterosexuelle Paare berühre Fragen der Reproduktionsmedizin, die fern der rein krankenversicherungsrechtlichen Betrachtung lägen. So stelle mit Blick auf homosexuelle Frauen-Paare der Kinderwunsch keine medizinische Indikation dar. Ein ,,leistungsauslösender Tatbestand ohne medizinischen Hintergrund“ sei jedoch nicht Aufgabe der GKV. (pk/14.10.2015)

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Beratungsnetzwerk Kinderwunsch Deutschland (BKiD)
  • BKK Verkehrsbau Union (BKK VBU)
  • Bundesärztekammer (BÄK)
  • Bundesverband Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands e. V. (BRZ)
  • Christina Hirthammer-Schmidt-Bleibtreu
  • Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin e. V. (DGRM)
  • DI-Netz e. V.
  • Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)
  • Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
  • Lesben- und Schwulenverband in Deutschland e. V. (LSVD)
  • Pro Familia Bundesverband
  • Prof. Dr. Gunnar Duttge
  • Prof. Dr. Ingrid Schneider
  • Regenbogenfamilienzentrum
  • Spenderkinder
  • Wunschkind e. V.

 

Kein Schadenersatz bei falscher Samenspende . . .

FALSCHE SAMENSPENDE

Ein Wunschbaby – aber bitte in Weiß!

Nach einer Samenspende bekam eine weiße Frau ein dunkelhäutiges Baby. Die Samenbank hatte das Sperma verwechselt. Sie klagte wegen „unrechtmäßiger Geburt“ – doch das überzeugte den Richter nicht.

Klage abgeschmettert: Jennifer Cramblett muss vorerst auf Geld verzichten

Als Jennifer Cramblett und ihre Partnerin Amanda Zinkon im Sommer 2011 entschieden, über eine künstliche Befruchtung ein Baby zu bekommen, brauchten die beiden nicht lange, bis sie bei ihrer Suche nach einem geeigneten Samenspender fündig wurden. Bei der Midwest Sperm Bank in amerikanischen Illinois wurde ihnen ein wahrer Traummann angeboten. „Groß, blond, jung, gutaussehend, intelligent hieß es in der Beschreibung über den potenziellen Spender mit der Nummer 380. Ein Universitätsstudent, der täglich Sport treibe, auf seine Ernährung achte, wenig Alkohol trinke und nur äußerst selten einmal zu einer Cola greife.

Perfekt, dachte sich das lesbische Paar aus Uniontown, einem 2800 Einwohner zählenden Ort im tiefsten, ländlichen Ohio, 55 Autominuten südlich von Cleveland. Dazu passte auch die Ahnengalerie des Auserwählten. In dieser Rubrik stand explizit, dass Spender 380 keine schwarzen Vorfahren habe, sondern europäische. Die Rede war von Verwandten aus Griechenland und Italien.

In den USA kommen jedes Jahr zwischen 30.000 und 60.000 Kinder durch eine künstliche Befruchtung zur Welt. Das Geschäft boomt und hat sich zu einer lukrativen Industrie entwickelt. Pro Spende werden von den privaten Samenbanken zwischen 395 und 795 Dollar verlangt, Cramblett soll 400 Dollar bezahlt haben. Die Spender selbst bekommen meist nur um die 100 Dollar. Die Empfängerinnen können sich dabei wie bei einem Modekatalog genau aussuchen, welches Produkt sie gerne haben möchten.

Für Cramblett und Zinkon war die Hautfarbe ihres Kindes offenbar das wichtigste und entscheidende Kriterium für einen Spender. Sie wollten ein weißes Baby, kein schwarzes und begründeten das später damit, dass sie in einer Gegend des Landes wohnten, wo 98 Prozent der Bewohner kaukasischer, also weißer Abstammung seien.

Doch drei Jahre nach der Entscheidung für ihren Wunschkandidaten 380 ist für Cramblett und Zinkon alles ganz anders gekommen und nicht so, wie sich die beiden das in ihren Träumen vorgestellt hatten. Im Sommer 2012 bekam die 37-jährige Cramblett zwar ihr Baby, doch nicht mit blauen Augen, blonden Haaren und weißer Hautfarbe, wie versprochen. Das Mädchen, das sie Payton nannten und das mittlerweile seinen dritten Geburtstag gefeiert hat, ist schwarz. Die Samenbank hatte die Röhrchen verwechselt. Statt der Proben von 380 bekamen Cramblett und ihre sieben Jahre ältere Partnerin die Nummer 330 – einen Afroamerikaner.

„Wir lieben unser Baby über alles“

Ein Fall, der nicht nur Gerichte beschäftigte, sondern auch eine Debatte über den alltäglichen Rassismus in Amerika ausgelöst hat. Kann ein schwarzes Baby auch mehr als 50 Jahre nach der offiziellen Abschaffung der Rassentrennung in den USA noch immer nicht in einer zu fast 100 Prozent weißen Gemeinde in Ohio aufwachsen, wie das Paar behauptet?

„Wir lieben unser Baby über alles“, sagte Cramblett, die Rassismus-Vorwürfe vehement von sich weist, in einem Interview mit dem TV-Sender NBC. Doch Payton würde sich in Uniontown wie eine „Aussätzige“ fühlen. Das Paar war von Akron in Erwartung ihres Kindes in den kleinen Ort gezogen, weil dort die Schulen besser sein sollen. Mittlerweile denken sie darüber nach, erneut umzuziehen.

Cramblett und Zinkon verklagten wegen der Verwechslung der Spender die Midwest Sperm Bank auf Schadenersatz. „50.000 Dollar und mehr“ verlangten die beiden. Doch ohne Erfolg. Ronald Sutter, ein Bezirksrichter aus Ohio, lehnte die Forderung am vergangenen Freitag ab.

Klage wegen „unrechtmäßiger Geburt“

Die Entschuldigung der Samenbank, ein Mitarbeiter habe die handschriftlich gekennzeichneten Röhrchen unabsichtlich verwechselt, und die Erstattung der Kosten für die falsche Lieferung war dem „betrogenen Paar“ nicht genug. In einem Land, in dem selbst für zu heiße Kaffeebecher vor den Gerichten Schadenersatz in Millionenhöhe verlangt wird, klagten die Eltern von Payton auf die Nichteinhaltung der „Garantiezusagen“ und auf „wrongful birth“. Juristisch unterstellten sie damit, ihre Tochter sei bei einer „unrechtmäßigen Geburt“ zur Welt gekommen.

Für beide Straftatbestände sah Richter Sutter allerdings keine rechtliche Grundlage. Er folgte damit den Anwälten der Samenbank. Diese hatten argumentiert, dass eine Klage wegen „wrongful birth“ nur statthaft sei, wenn das Baby mit einem Geburtsfehler zur Welt gekommen wäre und die Samenbank sie nicht über diese gesundheitlichen Risiken vorher aufgeklärt hätte. Payton sei aber ein gesundes Kind.

Cramblett und Zinkon hatte vor Gericht aber auch mit dem „Schmerz und Leid“ sowie „zusätzlicher medizinischer Kosten“ argumentiert, welche die Verwechslung verursacht hätte. Sie seien „völlig unvorbereitet gewesen, ein afroamerikanisches Kind zu erziehen“. Auch ihre Gemeinde und ihre dafür „unbewusst unempfängliche Familie“ würden vermutlich ein Baby mit einer anderen Rasse nicht akzeptieren.

Angeblich ist der Friseurbesuch ein Problem

Cramblett behauptete vor Gericht, in ihrer Jugend nie mit einem Afroamerikaner in Kontakt gekommen zu sein. Ihr Vater habe ihr gesagt, sie sollen die Straßenseite wechseln, wenn sie einem Schwarzen begegne. Erst als sie aufs College gegangen sei, habe sie sich zum ersten Mal mit einem Afroamerikaner unterhalten.

„Mit seiner Tochter zum Friseur zu gehen verursacht für viele Mütter eine Stresssituation“, argumentierte der Anwalt des Paares, John Ostojic, vor Gericht. Payton habe aber für ein schwarzes Mädchen typische Haare. Deshalb müsse seine Mandantin in eine andere, weit weg gelegene, schwarze Gegend fahren, um einen ordentlichen Haarschnitt zu bekommen. „Jennifer (Cramblett) ist dort wegen ihres offensichtlich anderen Aussehens aber nicht willkommen.“

Aber auch in Zukunft müsse Payton mit Diskriminierungen rechnen, glaubt der Anwalt. „Für Jennifer wird der Stress und die Angst um ihre Tochter noch größer werden, wenn das Mädchen erst einmal in die Schule kommt, in der es nur weiße Schüler gibt“, heißt es in der Klageschrift. Doch auch das konnte Richter Sutter nicht überzeugen.

Der Fall ist mit der Entscheidung des Gerichts aber noch nicht zu Ende. Cramblett und Zinkon könnten die Samenbank auf „Fahrlässigkeit“ verklagen, sagte der Richter. Ein Rat, den die beiden offenbar befolgen wollen. Am 17. Dezember soll der Fall der kleinen Payton erneut verhandelt werden.

07.09.15
http://www.welt.de/vermischtes/article146129858/Ein-Wunschbaby-aber-bitte-in-Weiss.html
Tags: Kinderhandel – Samenspende – Spenderkinder
Schadenersatzklage

Schwierigkeiten bei Umsetzung der Menschenrechte – Spenderkinder müssen weiter warten

Suche nach der eigenen Herkunft

Spenderkinder müssen weiter warten

Eigentlich wollte die Koalition die Rechte von Kindern, die per Samenspende gezeugt wurden, klar regeln. Doch nach wie vor haben Betroffene große Schwierigkeiten dabei, die Identität des Spenders zu erfahren. Hilfe vom Gesetzgeber ist nicht in Sicht.

 BERLIN.

Die Koalition hat sich vorgenommen, „das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft bei Samenspende gesetzlich zu regeln„. Wie diese Festlegung im Koalitionsvertrag umgesetzt werden soll, ist derzeit unklar.

Die Meinungsbildung in der Regierung sei „noch nicht abgeschlossen“, heißt es in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen. Das gelte auch für die Frage, ob die Zahl der nach einer heterologen Samenspende gezeugten Kinder erfasst werden soll.

Denn die Datenlage, gibt die Regierung zu, ist mau: Auch bei der Frage, wie viele Kinder durchschnittlich in Deutschland pro Samenspender gezeugt wurden, muss die Regierung passen.

Die Muster-Richtlinie der Bundesärztekammer zur assistierten Reproduktion enthält lediglich den Hinweis, der Arzt solle darauf achten, dass ein Spender nicht mehr als zehn Schwangerschaften erzeugt.

Prozess-Hürde schreckt ab

Nach wie vor, lässt die Regierungsantwort erkennen, haben Menschen, die mit Hilfe einer Samenspende gezeugt wurden, große Schwierigkeiten, die Identität des Spenders zu erfahren.

Nach den jüngeren Urteilen des OLG Hamm (Az: 14 U 7/12 vom 6. Februar 2013) und desBundesgerichtshofs (Az: XII ZR 201/13 vom 28. Januar 2015) haben so gezeugte Kinder zwar einen zivilrechtlichen Anspruch gegen das reproduktionsmedizinische Zentrum oder den behandelnden Arzt auf Auskunft.

Ob dieses Recht mit Erfolg geltend gemacht werden kann, hänge aber „von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab“. In vielen Fällen dürfte vor allem für junge Menschen die Hürde eines Zivilprozesses abschreckend wirken.

Erschwerend kommt oft eine fehlende Dokumentation über den Samenspender hinzu. Erst mit dem im August 2007 in Kraft getretenen Gewebegesetz gelten Aufbewahrungsfristen von mindestens 30 Jahren für Angaben, die zu diesem Zeitpunkt bereits dokumentiert waren.

Diese Pflicht, stellt die Regierung dar, erstrecke sich aber nicht auf Angaben aus den Jahren 1997 bis 2007.

Ausländische Samenbanken

Wieder zugeknöpft gibt sich die Regierung, was sie zu tun gedenkt, um die derzeitige oder künftige Vernichtung von Dokumenten zu verhindern, die nötig für einen Abstammungshinweis wären: „Meinungsbildung nicht abgeschlossen“, heißt es dazu nur.

Noch schwieriger ist die Rechtslage, wenn Kinder ihr Auskunftsrecht geltend machen, die mit Hilfe von Spendersamen aus einer ausländischen Samenbank gezeugt wurden. Hier könne eine „gesicherte Rechtsstellung“ der Kinder nur über internationale Konventionen gewährleistet werden.

Im Übrigen werde die Durchsetzung von Auskunftsrechten „sehr weitgehend von den bestehenden vertraglichen Abreden zwischen solchen Samenbanken und den in Deutschland lebenden Eltern abhängen“, heißt es.

Hoffnung auf schnelle gesetzliche Regelungen dürfen sich Betroffene nicht machen: Erst im Februar hat das Bundesjustizministerium einen „Arbeitskreis Abstammungsrecht“ eingesetzt, der Reformbedarf prüfen soll.

Im Ungefähren lässt es die Regierung, ob Ergebnisse dieses Expertenkreises noch in laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden: Man werde die Resultate des Arbeitskreises „sukzessive auf etwaigen dringlichen Umsetzungsbedarf prüfen“.

Interessenverband legt Vorschlag vor

Unterdessen hat der Interessenverband „Spenderkinder“ einen Vorschlag für ein Auskunftsverfahren vorgelegt, der sich an der Regelung in der Schweiz orientiert. Dabei ist ein Verfahren in zwei Schritten vorgesehen, das über die bloße Datenherausgabe hinausgehen soll:

Im ersten Schritt soll demnach der Spender über das Interesse des Kindes informiert werden. Dann kann er entscheiden, ob er sich aktiv beteiligen möchte – und etwa einer Kontaktaufnahme zustimmt.

„Meldet er sich nicht oder reagiert er ablehnend, wird das Kind auch darüber informiert. Ist das Kind weiterhin an identifizierenden Informationen interessiert, werden ihm diese mitgeteilt“, schlägt der Verein vor.

Unterdessen forderte die Juristin Professor Dagmar Coester-Waltjen von der Universität Göttingen bei der Jahrestagung 2014 des Deutschen Ethikrats, den Bogen der Dokumentations- und Auskunftspflichten viel weiter zu spannen.

Sie mahnte, das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung müsse sich nicht nur auf die Verwendung von Samenspenden beziehen, sondern auch auf die Eizellen und die Embryonen.

Ärzte Zeitung, 10.08.2015
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/medizinethik/article/887005/suche-nach-eigenen-herkunft-spenderkinder-muessen-weiter-warten.html

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Embryonenspende – Verein Spenderkinder

Die Position des Vereins Spenderkinder zur Embryonenadoption (Embryonenspende)

Spenderkinder

In letzter Zeit wird zunehmend auch die Durchführung und Zulassung der so genannten Embryonenspende in Deutschland diskutiert, die wir als Embryonenadoption bezeichnen. Das ist Anlass für den Verein Spenderkinder, hierzu Position zu beziehen, denn auch die so gezeugten Kinder sind Spenderkinder. Die folgende Stellungnahme basiert auf einer Online-Befragung unserer Mitglieder, an der etwa ein Drittel teilgenommen hat, und einem Fragenkatalog, den wir für eine Anhörung beim Deutschen Ethikrat beantwortet haben.

Embryonenadoption ist keine Win-win-Situation, sondern ein ethische und psychosozial herausfordernde Situation

Die Zulassung oder vermehrte Durchführung der Embryonenadoption in Deutschland wird teilweise vehement gefordert und dabei unkritisch als „Win-win-Situation“ beschrieben. Typisch dafür ist folgende Darstellung: „Infertilen Paaren kann hierdurch ihr Kinderwunsch erfüllt werden, die “Eltern” der überzähligen Embryonen werden aus ihrem moralischen Dilemma befreit, vielleicht lebensfähige, aber von ihnen nicht mehr benötigte Embryonen der Vernichtung anheimzustellen, und – das ist entscheidend – die Embryonen selbst erhalten eine Chance zum Weiterleben.1

Diese Darstellung birgt jedoch die Gefahr, die psychosozialen und ethischen Herausforderungen dieser Art der Familiengründung zu unterschätzen.

1. Was ist Embryonenadoption?

Unter Embryonenadoption verstehen wir die Weitergabe von bei In-vitro-Fertilisationen entstandenen Embryonen, die ursprünglich den Kinderwunsch der genetischen Eltern realisieren sollten, an andere als die genetischen Eltern.2

Den Begriff „Embryonenspende“ für diese Form der Familiengründung lehnen wir ab und finden wegen der Parallelen zur Adoption den Begriff „Embryonenadoption“ passender. Insbesondere stehen hinter den Begriffen „Spende“ und „Adoption“ unterschiedliche Konzepte, wie die Beziehungen zwischen den Beteiligten aussehen werden.3 Die Verwendung des Begriffs „Spende“ spiegelt die Intention der Reproduktionsmedizin wider, die Weitergabe des Embryos – wie bei Samen- und Eizellspenden – lediglich als Möglichkeit der Erzielung einer Schwangerschaft und nicht als eine gesonderte Form der Familiengründung zu viert (d.h. mit zwei genetischen und zwei sozialen Elternteilen) zu sehen.

Außerdem ist der Begriff der „Spende“ mit positiven, sozial anerkannten Assoziationen an eine „gute Tat“, „Großherzigkeit“ etc. verknüpft. Tatsächlich erwächst die Weitergabe überzähliger Embryonen aber aus einem moralischen Dilemma heraus, dessen Handlungsalternativen „Vernichten“ oder „Weitergeben“ beide ethisch bedenklich sind.

Bei der Frage, ob es ethisch geboten ist, die Embryonen durch Weitergabe an andere Paare nicht sterben zu lassen, muss berücksichtigt werden, dass es sich bei dem Großteil der in Deutschland in Reproduktionszentren gelagerten Embryonen nicht um Embryonen im Rechtssinn handelt, bei denen die Zellverschmelzung schon stattgefunden hat, sondern um so genannte Vorkerne, auch bezeichnet als imprägnierte Eizellen oder 2-PN-Zellen. Bei diesen ist das Spermium zwar bereits in die Eizelle gelangt, doch die Kerne von beiden Zellen sind noch nicht miteinander verschmolzen. Das genetische Material der Eltern ist daher noch getrennt, die Befruchtung wird durch das Einfrieren gestoppt. Auf diese Weise können Mediziner viele Eizellen in einem Zyklus befruchten, ohne gegen die im Embryonenschutzgesetz verbotene Vorratshaltung von Embryonen zu verstoßen.4 Da die eigentliche Verschmelzung der Zellen noch nicht stattgefunden hat, ist es nicht ganz fernliegend, dass es sich hierbei noch nicht um menschliches Leben handelt, dass geschützt werden muss. Für andere bedeuten dagegen vielleicht auch Vorkerne schon menschliches Leben, weil die Verschmelzung von Ei- und Samenzelle nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, ohne beide Zellen zu zerstören und die Zellverschmelzung stattgefunden hätte, wenn die Zellen nicht eingefroren worden wären.

Bei einer ausdrücklichen Zulassung würde die Embryonenadoption ein erlaubtes reproduktionsmedizinisches Verfahren darstellen, das auch bei der Unfruchtbarkeit beider Eltern oder der Frau die Einleitung einer Schwangerschaft ermöglicht und das außerdem eine hohe Erfolgsrate bietet und vergleichsweise kostengünstig ist.5

Es ist umstritten, ob die Embryonenadoption derzeit in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz erlaubt ist.6 Trotz dieser rechtlichen Unklarheit und der fehlenden rechtlichen Regelungen des gesamten Verfahrens vermittelt das so genannte Netzwerk Embryonenspende jedoch bereits Embryonen (Kritik am Netzwerk Embryonenspende).

2. Embryonenadoption und Samenspenden sind nicht gleichzusetzen

Aus Sicht einer deutlichen Mehrheit unserer Mitglieder (78 % der Teilnehmenden an unserer internen Befragung) bestehen deutliche Unterschiede zwischen einer Samenspende und einer Embryonenadoption. Die meisten unserer Mitglieder stellen sich diese Zeugungsart als schwieriger für den auf diese Weise entstandenen Menschen vor und sind daher froh, nicht auf diese Weise entstanden zu sein.

Als bedeutendsten Unterschied zur Samenspende wird gesehen, dass das Kind bei einer Embryonenadoption mit beiden Elternteilen nicht biologisch verwandt ist. Das ist ein gravierender Unterschied zur Familiengründung durch Fremdsamenspende und stellt eine Parallele zur Adoption dar.7

Auch treffen Menschen aus Embryonenadoption, die ihr Recht auf Kenntnis ihrer genetischen Abstammung in Anspruch nehmen, nicht wie durch Samenspende gezeugte Menschen auf einen Spender und mögliche Halbgeschwister, sondern auf eine komplette Parallelfamilie, in der es Vollgeschwister und ein genetisches Elternpaar gibt. Ihnen wird sich die Frage stellen, wie es gewesen wäre, wenn sie bei ihrer leiblichen Familie hätten aufwachsen können, und warum sie in eine andere Familie gegeben wurden.

Als weiteren bedeutenden Unterschied sehen unsere Mitglieder, dass bei der Embryonenadoption nicht nur eine Keimzelle gespendet wird, sondern ein vollständiger Embryo. Ein Embryo wird vielfach bereits als Mensch gesehen.

Es gibt natürlich auch Gemeinsamkeiten zwischen Embryonenadoption und Samenspende: Eine Embryonenadoption ist wie auch die Samenspende ein Verfahren der künstlichen Befruchtung, mit denen ein Kind erzeugt wird, dessen Geburtseltern (teilweise) nicht seine genetischen Eltern sind. Sowohl bei durch Samenspende als auch bei durch Embryonenadoption gezeugten Menschen können negative Gefühle wegen des Aspekts bestehen, abgegeben und von den genetischen Eltern nicht gewollt worden zu sein.8

Sowohl eine Familiengründung durch Samenspende als auch eine durch Embryonenadoption stellt nicht nur die Befriedigung eines Kinderwunsches dar, sondern einen dynamischen und lebenslangen Prozess für alle Beteiligten. Es ist wichtig, die sozialen Eltern darüber aufzuklären, dass ihr auf diese Weise entstehendes Kind im Wissen um seine Entstehungsweise aufwachsen sollte.9 Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es im Laufe seines Lebens Kontakt zu seinen genetischen Elternteilen aufnehmen wollen.10 Dieses Interesse ist auch von Adoptivkindern bekannt und unabhängig von der Beziehung zu den sozialen Eltern.11

3. Besondere Herausforderungen der Embryonenadoption

A Aus Sicht der durch eine Embryonenadoption gezeugten Kinder

Insbesondere aus der Perspektive der durch Embryonenadoption gezeugten Kinder bestehen große Herausforderungen aufgrund dieser Zeugungsart.

aa Fremdheitsgefühle – gehöre ich hier hin?
Bei Menschen, die durch eine Embryonenadoption gezeugt werden, sind genetische und soziale Eltern vollständig verschieden. Das kann zu Fremdheitsgefühlen gegenüber den sozialen Eltern führen12, während durch eine Eizell- oder Samenspende gezeugte Menschen zumindest mit einem genetischen Elternteil aufwachsen und sich an diesem orientieren können.

bb Herausforderung durch gespaltene Mutterschaft
Im Gegensatz zu Samenspende-Kindern werden Embryonenadoption-Kinder von einer anderen als der genetischen Mutter ausgetragen. Während die austragende Mutter dies häufig als positiven Aspekt bewertet, bedeutet es für das Kind den Umstand einer gespaltenen Mutterschaft. Dies möchte das deutsche Embryonenschutzgesetz ausdrücklich verhindern, da vermutet wird, dass dieser Umstand die Identitätsfindung des Kindes erschwert.13 Auch unsere Mitglieder schätzen in unserer internen Umfrage eine gespaltene Mutterschaft als schwieriger ein als die gespaltene Vaterschaft, da zwei Mütter entscheidend zur Entstehung des Menschen beitragen und eine eindeutige Unterscheidung in biologische Mutter und soziale Mutter nicht möglich ist. Dieser Zusammenhang erhöht außerdem den Grad der Künstlichkeit der Entstehungsweise dieser Menschen.

cc Zweite Wahl?
Bei Kindern, die als Embryonen abgegeben werden, besteht als Unterschied zu durch Samenspende gezeugten Menschen der Aspekt, dass es sich bei ihnen um die übrig gebliebenen Embryonen handelt, die nicht für gut genug befunden wurden, um sie der genetischen Mutter zum Austragen einzupflanzen.

dd Verletzung durch Abgabe durch die genetischen Eltern
Bei Menschen, die mit einer Samen- oder Eizellspende gezeugt wurden, wird eine der Keimzellen gespendet, damit daraus Leben entstehen kann. Bei einer Embryonenadoption wird dagegen bereits beginnendes Leben abgegeben. Es ist davon auszugehen, dass die Wahrnehmung eines Embryos als ein individuelles Wesen eher dazu führt, dass Embryonenadoptions-Kinder ihre Abgabe weitaus persönlich verletzender erleben, als durch Samenspende gezeugte Kinder die Abgabe der Keimzellen durch den Samenspender.

Dadurch ergeben sich wichtige psychosoziale Parallelen zur Situation adoptierter Menschen:
Viele Adoptierte äußern, dass es wichtig für sie ist, den Grund zu verstehen, weswegen ihre leiblichen Eltern sie abgegeben haben. Es ist fraglich, ob z.B. der Grund, dass die Familienplanung abgeschlossen war, von durch Embryonenadoption gezeugten Menschen als Notwendigkeit für ihre Abgabe akzeptiert wird. Hinzu kommt, dass auch die Erzeugung der Embryonen kein Zufallsgeschehen war, sondern beabsichtigt. Die genetischen Eltern wünschten sich also durchaus ein oder mehrere Kinder und entschieden sich dafür ein Verfahren in Anspruch zu nehmen, das die Entstehung „überzähliger“, von den genetischen Eltern nicht gewünschter Embryonen, in Kauf nimmt. Das Elternpaar hat also von vornherein einkalkuliert, dass mehr Embryonen entstehen als dass sie Kinder austragen und versorgen möchten. Der Embryo, bzw. der daraus erwachsende Mensch erhält dadurch einen Objektstatus. Über ihn wird verfügt. Er wird erzeugt, verwendet, verworfen oder weitergegeben. Das ist per se eine Kränkung für ein Subjekt, ein Angriff auf seine Würde als Mensch.

B Herausforderungen für die genetischen Eltern

Ein Samenspender hat von vornherein die Absicht, seine Keimzellen einem Paar mit Kinderwunsch zu spenden. Bei einer Embryonenadoption wollten die genetischen Eltern zunächst ihren eigenen Kinderwunsch erfüllen. Erklärt das Paar die eigene Familienplanung für abgeschlossen, obwohl noch zuvor erzeugte Embryonen vorhanden sind, ergibt sich für das Paar ein moralisches Dilemma, wenn es die Vernichtung der erzeugten Embryonen oder der bereits imprägnierten Eizellen moralisch ablehnt.

Studien zu den abgebenden Eltern von Embryonenadoptionen ergaben, dass diese die Embryonen in stärkerem Maße als bereits existierendes Leben, einen Teil von sich oder bereits als ihre Kinder ansehen, als dies bei Keimzellspendern der Fall ist.14

Entscheiden sich die abgebenden Eltern für eine Weitergabe, müssen sie sich bewusst sein, dass ein Kind, dass genetisch vollständig ihr eigenes ist, bei einer anderen Familie aufwächst. Die vom Netzwerk Embryonenspende betonte Solidarität durch die Weitergabe des Embryos an ein Paar, das sich bisher vergeblich ein Kind wünscht, übersieht diese emotionalen Herausforderungen an die abgebenden Eltern und suggeriert, einen Embryo könne man weitergeben wie ein nicht mehr gebrauchtes Kleidungsstück. Darüber hinaus ist der Fall denkbar, dass das abgebende Paar seinen eigenen Kinderwunsch mit einer In-vitro-Fertilisation nicht erfüllen konnte und Embryonen übrig bleiben, weil die Frau zum Beispiel gesundheitlich nicht mehr in der Lage dazu ist, ein Kind auszutragen. Die Umsetzung des aus Kindersicht wünschenswerten Kontakts im Sinne einer offenen Adoption kann dann eine ganz besonders große Herausforderung sein.

C Unterschied der Embryonenadoption zur Samenspende aus Sicht der Empfängereltern

Die sozialen Eltern eines durch Embryonenadoption erzeugten Kindes haben – wie bei einer Adoption – eine symmetrische Beziehung zum Kind, weil sie beide nicht mit dem Kind genetisch verwandt sind. Bei einer Keimzellspende ist die Beziehung dagegen asymmetrisch, da ein sozialer Elternteil gleichzeitig auch genetischer Elternteil ist. Diese ungleiche Ausgangsposition kann Spannungen zwischen den Eltern begünstigen.15

Aus Adoptivfamilien ist bekannt, dass es den sozialen Eltern häufig schwer fällt, auch den genetischen Eltern von Adoptivkindern einen wertschätzenden, würdigen Platz zu geben ohne sich zu ihnen in Konkurrenz zu fühlen. Dies ist jedoch wichtig, damit das Kind in keinen Loyalitätskonflikt zwischen den beiden Elternpaaren gerät, sondern alle Beteiligten nebeneinander anerkennen kann.16 Bei der Familiengründung durch Samenspende wird der genetische Vater des Kindes von den sozialen Eltern ebenfalls häufig als potenter Konkurrent des sozialen Vaters wahrgenommen,17 was immer noch viele Eltern davon abhält, ihre Kinder über ihre Entstehungsweise aufzuklären.

Bei der bei einer Embryonenadoption vorhandenen kompletten Parallelfamilie mit genetischem Elternpaar und leiblichen Vollgeschwistern ist zu vermuten, dass bei den empfangenden Eltern in noch stärkerem Maße Konkurrenzgefühle entstehen können. So äußern soziale Eltern in Embryonenadoptions-Familien in Studien die Befürchtung, dass eine Aufklärung der Kinder die bisherigen sozialen innerfamiliären Beziehungen zerstören könne.18 Entsprechend haben Studien ergeben, dass die Aufklärungsbereitschaft der sozialen Eltern in Embryonenadoptions-Familien noch geringer als bei Samenspenden ausfällt19, die Aufklärungsbereitschaft sich jedoch erhöht, je mehr Informationen über die abgebenden Eltern erhältlich sind.20
4. Embryonenadoptionen sollten – wenn überhaupt – nur unter strengen Voraussetzungen zugelassen werden

Wegen diesen erheblichen Herausforderungen an die so gezeugten Kinder, aber auch an die abgebenden und empfangenden Eltern, sehen wir eine mögliche Zulassung der Embryonenadoption sehr kritisch.

Diese Haltung beruht insbesondere auch auf den eigenen Erfahrungen der Mitglieder unseres Vereins: Durch eine Samenspende gezeugte Menschen sehen sich einer schwierigeren Familiensituation ausgesetzt als Menschen, die bei ihren genetischen Eltern aufwachsen. Die Familiengründung mit Hilfe eines Dritten wird von den Eltern oft ausgeblendet oder unterschätzt. Viele Spenderkinder werden nicht über ihre Zeugungsart aufgeklärt und erfahren diese, wenn überhaupt, nur zufällig oder in ungünstigen Situationen, wie einem Familienstreit oder erst im Erwachsenenalter. Möchten sie mehr über ihre genetische Abstammung erfahren, treffen sie oft auf Unverständnis oder negative Emotionen ihrer Eltern sowie auf Reproduktionsmediziner, die die Daten der Spender – rechtswidrig – nur unzureichend dokumentiert haben. Hinzu kommt, dass von ihnen Verständnis für die Situation ihrer Eltern erwartet wird und sie teilweise auch das Gefühl haben, diese schonen zu müssen und ihnen nicht die Belastung aufbürden zu können, dass sie sich für ihre Abstammung interessieren.21

Wir vermuten, dass die Situation für durch Embryonenadoption gezeugte Menschen noch schwieriger ist. Wegen dieser Herausforderungen an die Identitätsfindung spricht sich eine knappe Mehrheit unserer Mitglieder (46 %) grundsätzlich gegen die Zulassung der Embryonenadoption in Deutschland aus. Die andere große Gruppe (36 %) tendiert ebenfalls eher zu einem Verbot, kann sich aber eine Zulassung unter strengen Bedingungen vorstellen.

Dazu gehören:

A Frühe Aufklärung der Kinder und Auseinandersetzung der Eltern mit fortbestehender Unfruchtbarkeit

Studien zu Embryonenadoptions-Familien haben noch geringere Aufklärungsquoten als bei Familien erkennen lassen, die mit Hilfe einer Samenspende entstanden sind.22 Die so gezeugten Menschen werden sehr häufig möglicherweise nur durch Zufall, auf jeden Fall aber zu spät von ihrer Zeugungsart erfahren. Dieses Verhalten zeigt, dass die Eltern sich wenig mit ihrer Unfruchtbarkeit und den Herausforderungen einer Familiengründung zu viert auseinandergesetzt haben und ihren Kindern auch nicht selbstbewusst als „nur“ soziale Eltern gegenüber auftreten können.

Das bestätigt die Ansicht unseres Vereins, dass es nicht der richtige Weg ist, Familiengründungen mit Hilfe von Dritten (oder wie bei der Embryonenadoption mit Hilfe eines anderen Paares) alleine der Reproduktionsmedizin zu überlassen. Diese behandelt solche Methoden der Familiengründung vornehmlich wie ein medizinisches Problem, das durch eine Schwangerschaft gelöst wird, und nicht als einen dynamischen, unbegrenzten und lebenslangen Prozess für alle Beteiligten. Hinzu kommt außerdem das finanzielle Interesse der Reproduktionsmedizin, die entsprechenden Behandlungen und Untersuchungen vornehmen zu können. Daher bedarf es deutlicher rechtlicher Regeln, die diese Formen der Familiengründung größtenteils der Entscheidungsfreiheit der Reproduktionsmedizin entziehen.

Der Verein Spenderkinder fordert daher, dass Eltern, die ihr Kind mit Hilfe einer Eizell-, Samenspende oder durch Embryonenadoption bekommen, zur Aufklärung ihrer Kinder verpflichtet werden. Wie andere Verpflichtungen auch, die in das familiäre Umfeld eingreifen (zum Beispiel das Recht auf gewaltfreie Erziehung), wird die Durchsetzung dieses Rechts schwierig sein. Trotzdem würde die ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung eine Leitwirkung auf die Eltern ausüben. Die rechtliche Verpflichtung sollte außerdem durch weitere Maßnahmen wie die Eintragung der genetischen Eltern im Geburtenregister und einer eingehenden psychosozialen Beratung flankiert werden.

B Parallelen zur Adoption erfordern intensive psychosoziale Beratung vor und nach der Geburt

Familiengründung mit Hilfe von Dritten – insbesondere aber die Embryonenadoption mit ihren sehr deutlichen Parallelen zur Adoption – sollten von einer intensiven psychosozialen Beratung sowohl vor als auch nach der Geburt des Kindes begleitet werden. Im internationalen Vergleich ist dies in Neuseeland der Fall.23 Konkret informiert werden sollte über die Notwendigkeit der Aufklärung des Kindes über seine Entstehungsweise sowie die zukünftige Situation, dass das Kind interessiert an einem Kontakt zu den genetischen Eltern sein kann und ein Recht hat, zu erfahren, wer diese sind. Außerdem sollte in Beratungsgesprächen auf mögliche Spannungen aufgrund der mangelnden Verwandtschaft zu dem Kind und die notwendige Auseinandersetzung mit der eigenen Unfruchtbarkeit eingegangen werden.

Idealerweise sollte das Kind im Wissen um seine Entstehung aufwachsen um eine kontinuierliche Identitätsentwicklung zu ermöglichen.24 Das bedeutet, Fragen des Kindes zu seiner Entstehung von Anfang an altersgemäß aber ehrlich zu beantworten. Erste Fragen dazu treten in der Regel im Kindergartenalter auf. Eine Geheimhaltung der Entstehungsweise kann auf die Dauer nicht nur eine Belastung für die Eltern darstellen, sondern bedeutet auch eine Bevormundung des entstandenen Menschen, die Werte wie Aufrichtigkeit und Gleichwertigkeit der Familienmitglieder untergräbt.

Adoptionsbewerber werden intensiv auf die Herausforderungen einer Adoption vorbereitet und auch nach der Adoption weiterhin betreut. Dies findet bei Eltern, die ihre Kinder mit einer Eizell-, Samenspende oder durch Embryonenadoption bekommen, nicht statt. Wir erwarten daher, dass eine verbesserte psychosoziale Beratung auch zu einer verbesserten Aufklärungsquote führen wird. In Großbritannien sind Reproduktionsärzte und -kliniken außerdem verpflichtet, Wunscheltern darauf hinzuweisen, dass sie ihre Kinder über ihre Entstehungsart aufklären sollten.

C Offenes Verfahren der Weitergabe

In Neuseeland kann eine Embryonenadoption nur in einem offenen Verfahren durchgeführt werden, bei dem die abgebenden und die empfangenden Eltern Kontakt zu einander aufnehmen.25 Ein ähnliches Verfahren sieht das christlich geprägte Snowflake Programm in den USA vor.26 Das deutsche Netzwerk Embryonenspende praktiziert mit einer Anonymität von abgebenden und empfangenden Eltern das Gegenteil.

Ein offenes Verfahren vermittelt sowohl abgebenden als auch empfangenden Eltern sichtbarer und spürbarer die Herausforderungen dieser Art der Familiengründung.

Für die abgebenden Eltern kann die Offenheit die Abgabe sowohl erschweren als auch erleichtern. Sehen die abgebenden Eltern die Weitergabe der Embryonen vor allem als Spende und Akt der Solidarität (so die Darstellung des Netzwerks Embryonenspende), zwingt die bewusste Auseinandersetzung mit den Empfängereltern sie dazu, sich damit auseinanderzusetzen, dass ein von ihnen gezeugtes Kind tatsächlich entstehen kann und bei anderen Eltern aufwachsen wird. Gleichzeitig kann für die abgebenden Eltern aber die Möglichkeit, Wünsche über die Empfänger zu äußern oder sie auszuwählen, auch die Entscheidung erleichtern, die Embryonen abzugeben, da sie die Embryonen bereits als ihre Kinder wahrnehmen und Einfluss darauf haben möchten, in welchem Umfeld sie aufwachsen.27

Für das durch Embryonenadoption entstandene Kind kann die Möglichkeit der abgebenden Eltern, Wünsche über das Empfängerpaar zu äußern, das Bewusstsein vermitteln, dass seine genetischen Eltern sich um sein Wohlergehen sorgten und daran interessiert waren, dass es ihm gut geht. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass die Zuordnung zu den sozialen Eltern für das Kind auch bei einem Mitspracherecht der abgebenden Eltern eine willkürliche Entscheidung bedeutet. Es bleibt immer die Frage im Raum, wie ein Aufwachsen bei den genetischen Eltern und leiblichen Geschwistern gewesen wäre.

D Notwendige langfristige Dokumentation beider genetischen Elternteile und Auskunftsrecht

Für durch Embryonenadoption gezeugte Menschen ist die Kenntnis und Dokumentation der genetischen Eltern möglicherweise noch wichtiger als für durch Samen- oder Eizellspende gezeugte Menschen, weil bei ihnen soziale und genetische Elternschaft vollständig voneinander getrennt sind.

Aus den Erfahrungen von durch Samenspende gezeugten Menschen mit der problematischen Dokumentationspraxis der Reproduktionsärzte empfehlen wir außerdem, dass es bei der Embryonenadoption, wenn sie überhaupt zugelassen werden sollte, deutliche Regeln zur langfristigen und auch unabhängigen Dokumentation beider Elternteile geben muss. Die problematische Dokumentationspraxis der Reproduktionsärzte wird derzeit fortgesetzt: So hat das Netzwerk Embryonenspende zumindest in der Vergangenheit vertreten, nur über den leiblichen Vater Auskunft geben zu müssen, weil Mutter nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nur die Frau sei, die das Kind geboren habe.28

Wie bei Adoptionen sollte die Identität der genetischen Eltern im Geburtenregister festgehalten werden. Dies würde auch die Bereitschaft der Eltern erhöhen, ihre durch Embryonenadoption gezeugten Kinder über ihre Entstehungsart aufzuklären. Einen Auszug aus dem Geburtenregister fordern fast alle Standesämter für die Anmeldung einer Eheschließung .29 Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass das Kind die Tatsache der Entstehung durch eine Embryonenadoption an einem bestimmten Zeitpunkt seines Lebens erfährt. Diese Tatsache – zusammen mit der intensiven Adoptionsbetreuung – führt dazu, dass bei Adoptierten etwa 90 % der Kinder über ihre Abstammung aufgeklärt werden. Alternativ wäre ein nationales Register denkbar, bei dem die Personalien der Spender festgehalten werden und an das sich Betroffene mit ihrem Auskunftsanspruch wenden können. Dieses Register hat jedoch den Nachteil, dass es – anders als die Eintragung im Geburtenregister – keinen Anreiz für die Eltern darstellt, die Kinder über ihre Abstammung aufzuklären.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. Januar 2015 ist das Recht auf Kenntnis der Abstammung nicht von einem bestimmten Alter abhängig. Entsprechend sollten Menschen aus Embryonenadoption ebenfalls von Anfang an Auskunft über die Identität ihrer genetischen Eltern erhalten können. Es wäre wünschenswert, dass wie bei Adoptierten der Kontakt von den Adoptionsvermittlungsstellen begleitet werden kann.

E Verhinderung direkter oder indirekter Kommerzialisierung zur Wahrung der Menschenwürde

Obwohl Reproduktionsmediziner bei allen Formen der Familiengründung zu dritt oder viert ausschließlich das Wort „Spende“ benutzen, wird oft eine Aufwandsentschädigung gezahlt, die einer Kommerzialisierung entspricht. So geben zumindest einige frühere Samenspender an, dass sie vor allem auf Grund des finanziellen Anreizes gespendet haben.

Dies stellt für die so gezeugten Menschen eine Kränkung und weitere Ablehnung dar und beeinträchtigt ihre Würde als Mensch. Dies gilt in noch stärkerer Form für die Embryonenadoption, wo nicht „nur“ eine Keimzelle gespendet wird, sondern ein Embryo weitergegeben wird. Eine Kommerzialisierung der Embryonenadoption sollte daher unbedingt verhindert werden. Diese versteckt sich teilweise nicht nur in einer direkten Aufwandsentschädigung. So erhalten Frauen in Großbritannien teilweise In-vitro-Fertilisationen zu reduziertem Behandlungsgebühren, wenn sie sich bereit erklären, überzählige Eizellen zu spenden. Bei der Embryonenadoption sollten die empfangenden Eltern daher höchstens die Kosten für erforderliche Untersuchungen bei den abgebenden Eltern übernehmen, nicht jedoch die Cryokonservierung oder den Aufwand der Hormonstimulation für die ursprüngliche In-vitro-Fertilisation, bei der die Embryonen entstanden sind.

F Bereits zugelassene Verfahren sollten zunächst so geregelt werden, dass die Rechte der hierdurch gezeugten Menschen geschützt werden

Vor der Überlegung, ob weitere Formen von künstlicher Befruchtung zugelassen werden, durch die Spenderkinder erzeugt werden, sollte beachtet werden, dass die rechtliche Situation in Deutschland in den 45 Jahren, in denen Samenspenden in Deutschland erlaubt sind, noch immer nicht zufriedenstellend geregelt ist (siehe die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung vom 18.05.2015). Bevor weitere Verfahren der Reproduktionsmedizin zugelassen werden, sollten zunächst die bereits legalisierten rechtlich so geregelt werden, dass die Rechte der dadurch entstehenden Menschen geschützt und realisierbar werden können.

Bis dies soweit ist, sollte die Einhaltung des Embryonenschutzgesetzes durch Ordnungs- und Strafverfolgungsbehörden sichergestellt werden, damit Reproduktionsmediziner wie das Netzwerk Embryonenspende nicht weiterhin vollendete Tatsachen schaffen und dabei die in der Vergangenheit bei Samenspenden gemachten Fehler wiederholen.

  1. So Martin Löhning, Zivilrechtliche Aspekte der Samenspende de lege ferenda, Zeitschrift für Rechtspolitik 2015, 76, S. 77, dessen Artikel sich auch im Übrigen nicht durch Verständnis für die psychosozialen Herausforderungen von Familiengründungen durch Reproduktionsmedizin auszeichnet. []
  2. Teilweise wird der Begriff „Embryonenspende“, den wir Embryonenadoption nennen, jedoch auch für die Kombination von einer Eizellspende mit einer Samenspende verwendet. Im Unterschied zur ersten Variante wird hierbei der Embryo gezielt für die nicht-genetischen Eltern erzeugt. Diese Variante wird im Folgenden nicht gemeint. []
  3. vgl. Blyth, E., Frith, L., Paul, M. S. & Berger, R. (2011). Embryo Relinquishment for Family Building: How should it be conceptualised? International Journal of Law, Policy and the Family, 25 (2), 260–285, S.260. []
  4. Siehe auch Lea Wolz, Embryo zur Adoption freizugeben, Stern Online, 24.06.2015. []
  5. Keenan, J. A., Gissler, M. & Finger, R. (2012). Assisted reproduction using donated embryos: outcomes from surveillance systems in six countries. Human Reproduction, 27 (3), 747–752, S. 747. []
  6. Kern des rechtlichen Streits ist, ob die Weiterkultivierung eines Vorkerns mit der Absicht der Übertragung auf eine andere Frau eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Embryonenschutzgesetz verbotene „Befruchtung“ zur Übertragung an eine andere Frau darstellt. Den Verbotstatbestand als erfüllt sehen Taupitz J., Hermes B., Eizellspende verboten – Embryonenspende erlaubt? Neue Juristische Wochenschrift 2015, 1802-1807, S. 1807; sowie Börgers, N. & Frister, H. (2010). Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Kryokonservierung von Keimzellen; für die Legalität des Verfahrens spricht sich Monika Frommel, die zum Netzwerk gehört, in einem für das Netzwerk erstellten Rechtsgutachten aus. []
  7. Börgers, N. & Frister, H. (2010). Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Kryokonservierung von Keimzellen. []
  8. vgl. z.B. Textor, M. R. (1988). Offene Adoption von Säuglingen. Unsere Jugend, 40, 530-536; Haar, R. (2010). Eltern unter Druck: Beratung von hilflosen und überforderten Eltern. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht. []
  9. z.B. Blyth, E., Langridge, D. & Harris, R. (2010). Family building in donor conception: parents’ experiences of sharing information. Journal of Reproductive and Infant Psychology, 2 (28), 116-127, S. 124f.; Rumball, A. & Adair, V. (1999). Telling the story: parents’ scripts for donor offspring. Human Reproduction, 5 (14), 1392-1399, S. 1397. []
  10. Beeson, D., Jennigs, P. & Kramer, W. (2011). Offspring searching for their sperm donors: how family type shapes the process. Human Reproduction, 9 (26), 2415–2424, S. 2419; Hertz, R., Nelson, M. & Kramer, W. (2013). Donor conceived offspring conceive of the donor: The relevance of age, awareness, and family form. Social Science & Medicine, 86, 52-65, S.56; Scheib, J., Riordan M. & Rubin S. (2005). Adolescents with open-identity sperm donors: reports from 12–17 year olds. Human Reproduction, 20, 239-252, S. 248; Blake, L., Casey, P., Jadva, V. & Golombok, S. (2014). ‘I Was Quite Amazed’: Donor Conception and Parent–Child Relationships from the Child’s Perspective. Children & Society, 28, 425-437. []
  11. Oelsner, W. & Lehmkuhl, G. (2008). Adoption: Sehnsüchte – Konflikte – Lösungen. Düsseldorf: Patmos. []
  12. Carroll, H.: Donor IVF baby who says ‘I wish I’d never been born’ – Daily Mail 25.06.2014. []
  13. Siehe Gesetzesbegründung zum Embryonenschutzgesetz, Bundestag-Drucksache 11/5460, 1989, S. 7. []
  14. Paul, M.S., Berger, R., Blyth, E. & Frith, L., (2010). Relinquishing Frozen Embryos for Conception by Infertile Couples. Families, Systems & Health, 28 (3), 258-273, S. 264, 267; Blyth, E., Frith, L., Paul, M. S. & Berger, R. (2011). Embryo Relinquishment for Family Building: How should it be conceptualised? International Journal of Law, Policy and the Family, 25 (2), 260–285, S. 277; de Lacey, S. (2005). Parent identity and ‘virtual’ children: why patients discard rather than donate unused embryos. Human Reproduction, 20 (6), 1661–1669, S. 1661. []
  15. Scheib, J., Riordan, M., Rubin, S. (2003). Choosing identity-release sperm donors: the parents’ perspective 13-18 years later. Human Reproduction, 5 (18), 1115-1127, S. 1118; Owen, L. & Golombok, S. (2009). Families created by assisted reproduction: Parent-child relationships in late adolescence. Journal of Adolescence 32, 835-848, S. 846. []
  16. Oelsner, W. & Lehmkuhl, G. (2008). Adoption: Sehnsüchte – Konflikte – Lösungen. Düsseldorf: Patmos. []
  17. Kirkman, M. (2004). Genetic Connection And Relationships in Narratives Of Donor-Assisted Conception. Australian Journal of Emerging Technologies and Society 1 (2), 1-21, S. 12; Lalos, A., Gottlieb, C. & Lalos, O. (2007). Legislated right for donor-insemination children to know their genetic origin: a study of parental thinking. Human Reproduction 6 (22), 1759–1768, S. 1766. []
  18. MacCallum, F. & Golombok, S. (2007). Embryo donation families: mothers’ decisions regarding disclosure of donor conception. Human Reproduction, 22 (11), 2888-2895, S. 2888 []
  19. MacCallum, F. & Keeley, S. (2008). Embryo Donation Families: A Follow-Up in Middle Childhood. Journal of Family Psychology, 22 (6), S. 799–808, S. 805; MacCallum, D. (2009). Embryo donation parents’ attitudes towards donors: comparison with adoption. Human Reproduction, 24 (3), 517-523, S. 517. []
  20. MacCallum, D. (2009). Embryo donation parents’ attitudes towards donors: comparison with adoption. Human Reproduction, 24 (3), 517-523, S. 517. []
  21. Jadva, V., Freeman, T., Kramer, W. & Golombok, S. (2010) Experiences of offspring searching for and contacting their donor siblings and donor. Reproductive BioMedicine Online 20, 523–532, S. 531; Beeson, D., Jennigs, P. & Kramer, W. (2011). Offspring searching for their sperm donors: how family type shapes the process. Human Reproduction, 9 (26), 2415–2424, S. 2420. []
  22. MacCallum, F. & Keeley, S. (2008). Embryo Donation Families: A Follow-Up in Middle Childhood. Journal of Family Psychology, 22 (6), S. 799–808, S. 805. []
  23. Goedeke, S. & Payne, D. (2010). A qualitative study of New Zealand fertility counsellors’ roles and practices regarding embryo donation. Human Reproduction, 25 (11), 2821–2828. []
  24. Blyth, E., Langridge, D. & Harris, R. (2010). Family building in donor conception: parents’ experiences of sharing information. Journal of Reproductive and Infant Psychology, 2 (28), 116-127, S. 124f. []
  25. siehe zu Neuseeland Goedeke, S. & Payne, D. (2010). A qualitative study of New Zealand fertility counsellors’ roles and practices regarding embryo donation. Human Reproduction, 25 (11), 2821–2828. []
  26. Collard, C. & Kashmeri, S. (2011). Embryo adoption: Emergent forms of siblingship among Snowflakes families. American Ethnologist, 38 (2), 307–322. []
  27. de Lacey, S. (2005). Parent identity and ‘virtual’ children: why patients discard rather than donate unused embryos. Human Reproduction, 20 (6), 1661–1669, S. 1668. []
  28. Das ist rechtlich allerdings unbeachtlich, denn das Bürgerliche Gesetzbuch kann als einfaches Gesetz nicht Verfassungsrecht modifizieren, aus dem das Recht auf Kenntnis der Abstammung basiert. Inzwischen (Stand 1. Juli 2015) wurden jegliche Informationen zum Recht des durch Embryonenadoption gezeugten Kindes von der Internetseite des Netzwerks Embryonenspende genommen. []
  29. Obwohl § 12 Absatz 2 Personenstandsgesetz den Auszug aus dem Geburtenregister nicht als beizubringenden Urkunden aufzählt, fordern die meisten Standesämter diesen, um das Bestehen von Ehehindernissen wirksam überprüfen zu können. Siehe zum Beispiel das Standesamt Berlin Lichtenberg. []

Vierlinge ohne Vater und ohne Mutter – Leihmutter (65) hat in der Ukraine Eizellen und Samen gekauft

Gibt es einen Kindesmissbrauch schon vor der Geburt ?

Kinder müssen ohne leiblichen Vater und ohne leibliche Mutter aufwachsen.
50%  Risiko das ein Kind behindert zur Welt kommt . . .

Vierlinge mit 65 – Kinder um jeden Preis?  

Sie ist 65 Jahre alt, hat bereits 13 Kinder und sieben Enkel – und ist nun mit Vierlingen schwanger. Die Berliner Lehrerin Annegret Raunigk hat sich in der Ukraine durch eine Eizellen- und eine Samenspende künstlich befruchten lassen. Ihre jüngste Tochter, neun Jahre alt, hätte sich ein Geschwisterchen gewünscht.

20.04.2015
Familienrecht Familie Spenderkinder Kinderhandel – Kinderrechte – Menschenhandel – Ukraine – Vaterlose Gesellschaft –
21.04.2015

Datenbank – Spenderkinder – Donor Sibling Registry (Samenspender Register)

Das Donor Sibling Registry (USA)

Im Jahr 2000 haben Wendy Kramer und ihr Sohn Ryan in den USA das “Donor Sibling Registry” gegründet. Das DSR ist eine Organisation, die Familien nach Gametenspende vielfältig unterstützt. Vor allem hilft es mittels einer Datenbank denjenigen Kindern, die ihre genetischen Halbgeschwister oder ihren Spender finden möchten. Der Kontakt entsteht über die Internetplattform www. donorsiblingregistry.com.

ryanwendysibs2014

Wendy Kramer ist Ehrenmitglied im deutschen DI-Netz, und sie ist uns seit Gründung unseres Vereins eine wichtige Unterstützung. Das DSR steht für einen offenen und entspannten Umgang mit der Samenspende. Unsere Familien sind nicht bedroht, wenn Kinder mehr über den Spender wissen wollen und ihre Neugier stillen. Es muss kein Drama sein, sondern kann im Gegenteil eine Bereicherung für alle Seiten sein, wenn Kinder auf genetische Halbgeschwister oder Spender treffen.  Gerade in diesen Tagen – nach dem spektakulären Urteil des Bundesgerichtshofs – tut es gut, dass uns Wendy Kramer mit ihrem Netzwerk des DSR daran erinnert.

Deswegen freuen wir uns, dass in der aktuellen Printausgabe des SPIEGEL (8/2015; S. 114-117) ausführlich über das “Donor Sibling Registry ”  berichtet wird. Die Journalistin Kullmann hat Wendy Kramer in den USA besucht und schreibt darüber in einem vierseitigen Artikel unter dem Titel “Die genetische Sehnsucht”.

Hinweis auf Spiegel-Online:
https://magazin.spiegel.de/digital/index_SP.html#SP/2015/8/131812837
https://magazin.spiegel.de/digital/?utm_source=spon&utm_campaign=inhaltsverzeichnis#SP/2015/8/131812917

Interessenten aus dem In- und Ausland können sich in der Datenbank des “Donor Sibling Registry” gegen eine Jahresgebühr von 75$ registrieren. Sie geben alles, was sie über den Spender wissen, in eine Suchmaske ein und warten dann auf Rückmeldungen zu Überschneidungen mit anderen Mitgliedern. Die Registrierung kann auch auf anonymer Basis erfolgen. Bis heute haben sich 45.000 Menschen im DSR angemeldet, darunter sind 2200 Spender. Nicht nur aus den USA sondern auch aus vielen anderen Ländern der Welt. Bisher hat es insgesamt ca. 12.000 “Treffer” gegeben, so Wendy Kramer.

Im DSR sind aus Deutschland derzeit 90 Mitglieder registriert, davon haben rund 50 Halbgeschwister gefunden und 10 ihren Spender.

Die deutschsprachige Broschüre zum Donor Sibling Registry findet sich unter dem Link:
https://www.donorsiblingregistry.com/sites/default/files/files/DSR%20Brochure_GERMAN%202015_WEB%281%29.pdf

Wer darüber hinaus noch mehr über das Donor Sibling Registry erfahren möchte, dem empfehlen wir die Lektüre der beiden folgenden englischsprachigen Bücher:

  • Kramer, Wendy, Cahn, Naomi (2013) Finding our family. A-first-of its-kind-book for donor conceived people and their families.
  • Cahn, Naomi (2013) The new kinship. Constructing donor-conceived families

16..02. 2015, Quelle:
http://www.di-netz.de/das-donor-sibling-registry-usa/

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FPÖ blitzt mit Veto gegen Fortpflanzungsgesetz-Novelle ab

D.h. Kinder von Spendern werden in Österreich bis zum 14. Lebensjahr nicht erfahren wer ihre leiblichen Eltern sind.

Ebenso danach wird es von keiner Behörde kontrolliert.

5.02.2015 – Gesetz der Fortpflanzungsmedizin im Bundesrat beslossen:

Gesetz zur Eizellspende Samenspende
Gesetz zur Eizellspende Samenspende

Bundesrat: FPÖ blitzt mit Veto gegen Fortpflanzungsgesetz-Novelle ab

Kein Einspruch im Bundesrat;

Wien (PK) – Ein von den Freiheitlichen beantragter Einspruch der Länderkammer gegen die kontrovers diskutierte Novelle zum Fortpflanzungsmedizingesetz wurde mit 8 Ja- und 51 Nein-Stimmen vom Bundesratsplenum abgelehnt. Mit der Entscheidung des Bundesrats, keinen Einspruch zu erheben, nahm das Fortpflanzungsmedizingesetz damit heute ihre letzte parlamentarische Hürde.

Durch die neuen Bestimmungen sollen Eizellenspenden ermöglicht werden, darüber hinaus werden Samenspenden Dritter bei der In-Vitro-Fertilisation erlaubt, lesbische Paare wiederum erhalten Zugang zu Samenspenden. Weiter verboten bleibt hingegen die Leihmutterschaft. Die Untersuchung einer bereits befruchteten Eizelle wird in Hinkunft unter bestimmten äußerst restriktiven Voraussetzungen möglich sein.

FPÖ: Mit diesem Gesetz wird die Natur völlig auf den Kopf gestellt

Das Fortpflanzungsmedizingesetz ist nicht mit ethischen und moralischen Grundsätzen vereinbar und geht zu weit. So die Kritik der FPÖ gegenüber der Novelle. Damit werde die Natur völlig auf den Kopf gestellt. Das Gesetz eröffne die Möglichkeit, eine Auswahl zwischen wertem und unwertem Leben zu treffen, außerdem werde das Kindeswohl vollkommen außer Acht gelassen.

Natürlich müsse man einem Höchstgerichtsurteil Folge leisten, bei so einem wichtigen Gesetz wäre es aber notwendig gewesen, länger und intensiver darüber zu diskutieren, sagte Monika Mühlwerth (F/W). Man habe aber in aller Schnelle ein Gesetz gebastelt. Die Natur habe es so eingerichtet, dass zur Zeugung eines Kindes Mann und Frau gebraucht werden, Homosexuelle könnten eben keine Kinder bekommen, meinte Mühlwerth und forderte dementsprechende Grenzen ein. Die SPÖ und die Grünen würden ein Gesellschaftsmodell verfolgen, in dem das klassische Familienbild aufgehoben wird. Überrascht sei sie, Mühlwerth, außerdem, dass die ÖVP für das Gesetz eintritt. Zudem war die Freiheitliche der Ansicht, dass das Wohl des Kindes vollkommen außer Acht gelassen wird. Alle unterschriebenen UN-Konventionen, die das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellen, würden damit ad absurdum geführt.

Auch ihr Fraktionskollege Gerd Krusche (F/St) wandte sich, so wie er sagte, aus vollster Überzeugung gegen das neue Fortpflanzungsgesetz. Was die Präimplantationsdiagnostik betrifft, verwies der Bundesrat darauf, dass es Selektion in Österreich bereits vor einigen Jahrzehnten gegeben habe. „Wir öffnen mit diesem Gesetz die Büchse der Pandora und ebnen den Weg in diese Richtung“, sagte Krusche und warnte davor, aufgrund einer genetischen Disposition „zwischen wertem und unwertem Leben zu entscheiden“. Das habe nichts mehr mit Moral und Ethik zu tun und man verschanze sich dabei hinter einem Gerichtsurteil, warf er SPÖ und ÖVP vor. Der medizinische Fortschritt sollte seiner Meinung dazu dienen, Kranken zu helfen und nicht, wie Krusche formulierte, „um lieber Gott zu spielen“.

„Wo ist der Wert eines Menschenlebens?“, war die Frage von Christoph Längle (F/V) an das Bundesratsplenum, der die Novelle so wie seine Fraktionskollegen mit moralischen und ethischen Grundsätzen unvereinbar wertete. Das Gesetz sei in kürzester Zeit abgesegnet worden, auch die Begutachtungsfrist sei viel zu kurz bemessen gewesen. Es scheine, so Längle, dass die Verantwortlichen keine öffentliche Debatte wollten. Geht es nach den Freiheitlichen, wäre es demokratischer gewesen, wenn die vielen ablehnenden Stimmen des Volkes gehört worden wären. Es könne nicht sein, dass eine Eizelle zur Handelsware wird oder ein Kind zwischen einer biologischen und einer genetischen Mutter steht.

SPÖ: Modernes Fortpflanzungsmedizingesetz in Österreich notwendig

Gegen eine Polarisierung im Zusammenhang mit dem Fortpflanzungsmedizingesetz und für ein selbstbestimmtes, entscheidungsautonomes Leben argumentierten die beiden SP-Bundesrätinnen Johanna Köberl (S/St) und Ana Blatnik (S/K).

Im Parlament habe sich bestimmt niemand die Entscheidung bei einem heiklen Thema wie diesem leicht gemacht, entgegnete Köberl der Kritik der Freiheitlichen gegenüber ihrer Fraktion. Jeder habe zu den verschiedenen Punkten, die das Gesetz behandelt, aufgrund der eigenen Geschichte und Erlebnisse andere Meinungen, deswegen werde es gerade auch hier nicht die eine richtige Antwort geben. Ein modernes Fortpflanzungsmedizingesetz, das den gesellschaftspolitischen und medizinischen Entwicklungen entspricht und den Menschen Sicherheit gibt, sei ein notwendiger Beschluss. Um diesen Bereich noch weiter zu entwickeln, bedürfe es noch konstruktiver Diskussionen. Dabei ist Köberl überzeugt, dass das Gesetz mit großer Sorgfalt umgesetzt wird.

„Es geht um ein sensibles Thema, aber bitte lassen wir es nicht zu, dass damit polarisiert wird“, so die eingehende Bitte von der ehemaligen Bundesratspräsidentin Ana Blatnik an die Länderkammer. Auch den Vergleich zwischen Präimplantationsdiagnostik und der Selektion unter den Nationalsozialisten von Seiten der Freiheitlichen lehnte sie strikt ab. Sie selbst stehe für Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung jedes Einzelnen ein. Das Modell Vater-Mutter-Kind sei zudem noch immer kein Garantieschein auf ein funktionierendes Kindeswohl. Ein zentraler Punkt der Novelle sei, den veränderten Lebensformen und gesellschaftlichen Entwicklungen gerecht zu werden.

ÖVP: Kein Beschluss würde rechtsfreien Raum bedeuten

Hinter die vorliegenden Änderungen im Fortpflanzungsrecht stellten sich auch die Bundesräte der ÖVP. Zum einen folge die Novelle einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs, zum anderen sei das, was darin kritisiert wird, explizit vom Gesetz herausgenommen. Das Gesetz trage grundsätzlich die Überschrift der „medizinischen Indikation“, meint man seitens der ÖVP.

Er würde sich nicht hinter einem Höchstgerichtsurteil verschanzen, dieses aber nicht umzusetzen, schaffe einen rechtsfreien Raum, sagte Klaus Fürlinger (V/O). Die Folge von dem, was die FPÖ predige, sei demnach, dass alles erlaubt ist. „Das Gesetz hat eine grundsätzliche Überschrift, diese heißt medizinische Indikation“, so Fürlinger. Was die Präimplantationsdiagnostik betrifft, müsse man einer Frau nach mehreren Fehlgeburten das Recht ermöglichen, ein Kind unter medizinischer Betreuung zur Welt bringen zu können.

Mit der heutigen Novelle hat die ÖVP bewiesen, wie breit sie aufgestellt ist, resümierte sein Fraktionskollege Ferdinand Tiefnig (V/O). „Gott sei Dank sind wir in unserer Gesellschaft so weit, dass wir diesen Beschluss vollziehen können“, sagte er und verwies auch auf die Bioethikkommission, die in den letzten Jahren darauf hingearbeitet habe. Er selbst, Tiefnig, verstehe es nicht, dass man dagegen sein könne, wenn Leben ermöglicht werden soll. Es sei wichtig, das Gesetz so darzustellen, wie es den BürgerInnen tatsächlich zugutekommt, nicht aber, wie es von manchen populistisch interpretiert wird.

Dass unterschiedliche ethische und moralische Vorstellungen in einer Gesellschaft nebeneinander gelebt werden können, ist essentiell, so das Fazit von Harald Himmer (V/W). Auch mit der vorliegenden Novelle lasse es der Gesetzgeber jeder Familie und jedem Menschen offen, weiterhin nach seinen Vorstellungen zu leben. Auch trotz des Gesetzes werden viele aus religiösen und moralischen Gründen handeln, wie sie bis jetzt gehandelt haben und die Änderungen nicht in Anspruch nehmen, so die Prognosen Himmers.

GRÜNE: Wichtiger Schritt von Diskriminierung zur Gleichstellung

Die Grünen wollen das klassische Familienmodell nicht abschaffen, sondern eine Gleichstellung und Gleichwertigkeit für alle Familienformen. Das machten einmal mehr auch die grünen BundesrätInnen in der Diskussion um das Fortpflanzungsmedizingesetz deutlich. Positive Worte bekamen SPÖ und ÖVP für die sachliche Debatte.

Es geht um eine Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, sagte Marco Schreuder (G/W) und rief die Arbeit der Bioethikkommission ins Bewusstsein, die sich Jahrzehnte lang mit dem Thema beschäftigt habe und deren Ergebnis mit dem vorliegenden Gesetz umgesetzt werde. Für „bemerkenswert“ hielt es Schreuder, wenn der Familienbegriff ausschließlich für heterosexuelle Familien gedacht wird. Die Gesellschaft sei vielfältig, meinte er, „bitte FPÖ, hört auf mit diesem Argument der Natur“, so sein Anliegen.

Das Gesetz sei ein wichtiger Schritt weg von der Diskriminierung hin zu einer Gleichstellung, lautete das Urteil von Nicole Schreyer (G/T). Die Grünen wollen das klassische Familienmodell nicht abschaffen, sondern die Gleichstellung und Gleichwertigkeit für alle Familienformen wie AlleinerzieherInnen, Patchworkfamilien und Familien mit gleichgeschlechtlichen Paaren, machte sie geltend. „Wir wollen, dass Kinder glücklich sind, mehr wollen wir nicht“, so Schreyer. Der Normalfall, dass Vater, Mutter und Kind eine Familie bilden, entspreche einfach nicht mehr der Realität.

Heinisch-Hosek hofft auf nächste Schritte  

Mit der Novelle zum Fortpflanzungsmedizingesetz nähere man sich Schritt für Schritt einer Lebensrealität im 21. Jahrhundert, sagte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und verwies auf die gesellschaftspolitische und gesundheitspolitische Mehrdimensionalität der Materie. Die Ministerin sprach sich in diesem Zusammenhang für Samenspenden für alleinstehende Frauen sowie die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare aus. Vielleicht seien diese nun die nächsten Schritte, so die optimistische Hoffnung der Frauenministerin.
Parlamentskorrespondenz Nr. 89 vom 05.02.2015
http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2015/PK0089/index.shtml