Neue Organisation – KiSOS -Scheidungsväter widmen sich dem Kindswohl
Die neue Kinderschutzorganisation Schweiz will geschiedenen Eltern helfen sich zusammenzuraufen – und gemeinsam für den Nachwuchs zu sorgen.
Enzler engagiert sich seit Jahren für die Rechte von geschiedenen Vätern. Als Präsident des Vereins Vaterverbot orchestrierte er 2011 das Verschicken von Pflastersteinen an Simonetta Sommaruga, um in der Sorgerechtsdebatte Druck auf die Justizministerin auszuüben. Ebenso medienwirksam inszenierten Enzler und seine Mitstreiter die Aktion «Schick en Kaktus»: Behörden, die den Unmut von Scheidungsvätern auf sich gezogen haben, erhalten stachlige Post. Doch nun hat sich der Gesichtspunkt verändert, wie Enzler sagt. «Wir haben uns früher stark auf die Rechte der Väter fokussiert, jetzt wollen wir beide Elternteile einbeziehen.»
Kinder vor Loyalitätskonflikten bewahren
Im Zentrum der neuen Organisation steht das Kindswohl – und für dieses ist laut Enzler elementar, dass nach einer Scheidung sowohl Mutter als auch Vater als Bezugspersonen weiterhin präsent sind. Damit würden Loyalitätskonflikte vermieden. «Es gibt in der Schweiz viele Organisationen, die sich gegen physische Gewalt an Kindern engagieren, aber kaum eine kümmert sich um den seelischen Schmerz von Scheidungskindern», sagt der KiSOS-Präsident. Eine Anlaufstelle für die Kinder selber will die Organisation jedoch nicht sein. Stattdessen appelliert sie an die Eltern und will ihnen helfen, nach der Trennung einen Modus vivendi zu finden. Das fängt in der Gestaltung des Alltags an, auf der neuen Homepage wird es praktische Unterstützung wie einen Betreuungsplaner geben. Um grundsätzliche Fragestellungen soll sich ein Netzwerk von Juristen und Kinderpsychologen kümmern.
Das Ziel ist eine alternierende Obhut, die funktioniert. «In der Schweiz ist das alte Denkmuster noch immer sehr stark, dass sich nach der Scheidung ein Elternteil – meist die Mutter – um die Kinder kümmert, während der Vater bezahlt. Das wollen wir ändern», sagt Enzler. Wie er sich das vorstellt, zeigt ein neues Video. Das propagierte Wechselmodell soll der Mutter ermöglichen, sich beruflich zu entfalten, während der Vater die Chance erhalten soll, die Kinder regelmässig zu sehen.
Nur weil sich ein Ehepaar einst darauf geeinigt hat, dass der Vater für das Einkommen sorgt und die Mutter für die Kinder, bedeute dies nicht, dass es nach der Trennung gleich weitergehen müsse, sagt Enzler. Er nimmt auch die Männer in die Pflicht: «Wir möchten ihnen aufzeigen, wie sie sich auch bei einem 100-Prozent-Arbeitspensum um die Kinder kümmern können – etwa mit der Hilfe von Krippenplätzen.»
Doch die Organisation behält sich in ihren Statuten auch vor, politisch aktiv zu werden und sich der direktdemokratischen Mittel des Referendums und der Initiative zu bedienen. Zudem will Enzler bei KESB-Stellen intervenieren, die das Prinzip der gemeinsamen Sorge nicht mit Nachdruck umsetzen würden. «Wenn die Behörden den Eltern weniger Ermessensspielraum liessen, käme es auch zu weniger Konflikten zwischen Mutter und Vater», glaubt er. Der Ingenieur ist sich bewusst, dass seine Organisation ihre Ziele kurzfristig nicht erreichen kann. «Aber in den nächsten fünf bis zehn Jahren werden wir einiges in Bewegung setzen.»
Video – Kindesschutzorganisation Schweiz – Wechselmodell – alternierende Obhut
16.9.2015, 11:25 Uhr
http://www.nzz.ch/schweiz/aktuelle-themen/scheidungsvaeter-widmen-sich-dem-kindswohl-ld.1989
Tags: Gleichberechtigung Gleichstellung – Familienrecht – Vaterlose Gesellschaft Vaterlose Gesellschaft – Kinderschutz –