Kein Schadenersatz bei falscher Samenspende . . .

FALSCHE SAMENSPENDE

Ein Wunschbaby – aber bitte in Weiß!

Nach einer Samenspende bekam eine weiße Frau ein dunkelhäutiges Baby. Die Samenbank hatte das Sperma verwechselt. Sie klagte wegen „unrechtmäßiger Geburt“ – doch das überzeugte den Richter nicht.

Klage abgeschmettert: Jennifer Cramblett muss vorerst auf Geld verzichten

Als Jennifer Cramblett und ihre Partnerin Amanda Zinkon im Sommer 2011 entschieden, über eine künstliche Befruchtung ein Baby zu bekommen, brauchten die beiden nicht lange, bis sie bei ihrer Suche nach einem geeigneten Samenspender fündig wurden. Bei der Midwest Sperm Bank in amerikanischen Illinois wurde ihnen ein wahrer Traummann angeboten. „Groß, blond, jung, gutaussehend, intelligent hieß es in der Beschreibung über den potenziellen Spender mit der Nummer 380. Ein Universitätsstudent, der täglich Sport treibe, auf seine Ernährung achte, wenig Alkohol trinke und nur äußerst selten einmal zu einer Cola greife.

Perfekt, dachte sich das lesbische Paar aus Uniontown, einem 2800 Einwohner zählenden Ort im tiefsten, ländlichen Ohio, 55 Autominuten südlich von Cleveland. Dazu passte auch die Ahnengalerie des Auserwählten. In dieser Rubrik stand explizit, dass Spender 380 keine schwarzen Vorfahren habe, sondern europäische. Die Rede war von Verwandten aus Griechenland und Italien.

In den USA kommen jedes Jahr zwischen 30.000 und 60.000 Kinder durch eine künstliche Befruchtung zur Welt. Das Geschäft boomt und hat sich zu einer lukrativen Industrie entwickelt. Pro Spende werden von den privaten Samenbanken zwischen 395 und 795 Dollar verlangt, Cramblett soll 400 Dollar bezahlt haben. Die Spender selbst bekommen meist nur um die 100 Dollar. Die Empfängerinnen können sich dabei wie bei einem Modekatalog genau aussuchen, welches Produkt sie gerne haben möchten.

Für Cramblett und Zinkon war die Hautfarbe ihres Kindes offenbar das wichtigste und entscheidende Kriterium für einen Spender. Sie wollten ein weißes Baby, kein schwarzes und begründeten das später damit, dass sie in einer Gegend des Landes wohnten, wo 98 Prozent der Bewohner kaukasischer, also weißer Abstammung seien.

Doch drei Jahre nach der Entscheidung für ihren Wunschkandidaten 380 ist für Cramblett und Zinkon alles ganz anders gekommen und nicht so, wie sich die beiden das in ihren Träumen vorgestellt hatten. Im Sommer 2012 bekam die 37-jährige Cramblett zwar ihr Baby, doch nicht mit blauen Augen, blonden Haaren und weißer Hautfarbe, wie versprochen. Das Mädchen, das sie Payton nannten und das mittlerweile seinen dritten Geburtstag gefeiert hat, ist schwarz. Die Samenbank hatte die Röhrchen verwechselt. Statt der Proben von 380 bekamen Cramblett und ihre sieben Jahre ältere Partnerin die Nummer 330 – einen Afroamerikaner.

„Wir lieben unser Baby über alles“

Ein Fall, der nicht nur Gerichte beschäftigte, sondern auch eine Debatte über den alltäglichen Rassismus in Amerika ausgelöst hat. Kann ein schwarzes Baby auch mehr als 50 Jahre nach der offiziellen Abschaffung der Rassentrennung in den USA noch immer nicht in einer zu fast 100 Prozent weißen Gemeinde in Ohio aufwachsen, wie das Paar behauptet?

„Wir lieben unser Baby über alles“, sagte Cramblett, die Rassismus-Vorwürfe vehement von sich weist, in einem Interview mit dem TV-Sender NBC. Doch Payton würde sich in Uniontown wie eine „Aussätzige“ fühlen. Das Paar war von Akron in Erwartung ihres Kindes in den kleinen Ort gezogen, weil dort die Schulen besser sein sollen. Mittlerweile denken sie darüber nach, erneut umzuziehen.

Cramblett und Zinkon verklagten wegen der Verwechslung der Spender die Midwest Sperm Bank auf Schadenersatz. „50.000 Dollar und mehr“ verlangten die beiden. Doch ohne Erfolg. Ronald Sutter, ein Bezirksrichter aus Ohio, lehnte die Forderung am vergangenen Freitag ab.

Klage wegen „unrechtmäßiger Geburt“

Die Entschuldigung der Samenbank, ein Mitarbeiter habe die handschriftlich gekennzeichneten Röhrchen unabsichtlich verwechselt, und die Erstattung der Kosten für die falsche Lieferung war dem „betrogenen Paar“ nicht genug. In einem Land, in dem selbst für zu heiße Kaffeebecher vor den Gerichten Schadenersatz in Millionenhöhe verlangt wird, klagten die Eltern von Payton auf die Nichteinhaltung der „Garantiezusagen“ und auf „wrongful birth“. Juristisch unterstellten sie damit, ihre Tochter sei bei einer „unrechtmäßigen Geburt“ zur Welt gekommen.

Für beide Straftatbestände sah Richter Sutter allerdings keine rechtliche Grundlage. Er folgte damit den Anwälten der Samenbank. Diese hatten argumentiert, dass eine Klage wegen „wrongful birth“ nur statthaft sei, wenn das Baby mit einem Geburtsfehler zur Welt gekommen wäre und die Samenbank sie nicht über diese gesundheitlichen Risiken vorher aufgeklärt hätte. Payton sei aber ein gesundes Kind.

Cramblett und Zinkon hatte vor Gericht aber auch mit dem „Schmerz und Leid“ sowie „zusätzlicher medizinischer Kosten“ argumentiert, welche die Verwechslung verursacht hätte. Sie seien „völlig unvorbereitet gewesen, ein afroamerikanisches Kind zu erziehen“. Auch ihre Gemeinde und ihre dafür „unbewusst unempfängliche Familie“ würden vermutlich ein Baby mit einer anderen Rasse nicht akzeptieren.

Angeblich ist der Friseurbesuch ein Problem

Cramblett behauptete vor Gericht, in ihrer Jugend nie mit einem Afroamerikaner in Kontakt gekommen zu sein. Ihr Vater habe ihr gesagt, sie sollen die Straßenseite wechseln, wenn sie einem Schwarzen begegne. Erst als sie aufs College gegangen sei, habe sie sich zum ersten Mal mit einem Afroamerikaner unterhalten.

„Mit seiner Tochter zum Friseur zu gehen verursacht für viele Mütter eine Stresssituation“, argumentierte der Anwalt des Paares, John Ostojic, vor Gericht. Payton habe aber für ein schwarzes Mädchen typische Haare. Deshalb müsse seine Mandantin in eine andere, weit weg gelegene, schwarze Gegend fahren, um einen ordentlichen Haarschnitt zu bekommen. „Jennifer (Cramblett) ist dort wegen ihres offensichtlich anderen Aussehens aber nicht willkommen.“

Aber auch in Zukunft müsse Payton mit Diskriminierungen rechnen, glaubt der Anwalt. „Für Jennifer wird der Stress und die Angst um ihre Tochter noch größer werden, wenn das Mädchen erst einmal in die Schule kommt, in der es nur weiße Schüler gibt“, heißt es in der Klageschrift. Doch auch das konnte Richter Sutter nicht überzeugen.

Der Fall ist mit der Entscheidung des Gerichts aber noch nicht zu Ende. Cramblett und Zinkon könnten die Samenbank auf „Fahrlässigkeit“ verklagen, sagte der Richter. Ein Rat, den die beiden offenbar befolgen wollen. Am 17. Dezember soll der Fall der kleinen Payton erneut verhandelt werden.

07.09.15
http://www.welt.de/vermischtes/article146129858/Ein-Wunschbaby-aber-bitte-in-Weiss.html
Tags: Kinderhandel – Samenspende – Spenderkinder
Schadenersatzklage

Schwierigkeiten bei Umsetzung der Menschenrechte – Spenderkinder müssen weiter warten

Suche nach der eigenen Herkunft

Spenderkinder müssen weiter warten

Eigentlich wollte die Koalition die Rechte von Kindern, die per Samenspende gezeugt wurden, klar regeln. Doch nach wie vor haben Betroffene große Schwierigkeiten dabei, die Identität des Spenders zu erfahren. Hilfe vom Gesetzgeber ist nicht in Sicht.

 BERLIN.

Die Koalition hat sich vorgenommen, „das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft bei Samenspende gesetzlich zu regeln„. Wie diese Festlegung im Koalitionsvertrag umgesetzt werden soll, ist derzeit unklar.

Die Meinungsbildung in der Regierung sei „noch nicht abgeschlossen“, heißt es in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen. Das gelte auch für die Frage, ob die Zahl der nach einer heterologen Samenspende gezeugten Kinder erfasst werden soll.

Denn die Datenlage, gibt die Regierung zu, ist mau: Auch bei der Frage, wie viele Kinder durchschnittlich in Deutschland pro Samenspender gezeugt wurden, muss die Regierung passen.

Die Muster-Richtlinie der Bundesärztekammer zur assistierten Reproduktion enthält lediglich den Hinweis, der Arzt solle darauf achten, dass ein Spender nicht mehr als zehn Schwangerschaften erzeugt.

Prozess-Hürde schreckt ab

Nach wie vor, lässt die Regierungsantwort erkennen, haben Menschen, die mit Hilfe einer Samenspende gezeugt wurden, große Schwierigkeiten, die Identität des Spenders zu erfahren.

Nach den jüngeren Urteilen des OLG Hamm (Az: 14 U 7/12 vom 6. Februar 2013) und desBundesgerichtshofs (Az: XII ZR 201/13 vom 28. Januar 2015) haben so gezeugte Kinder zwar einen zivilrechtlichen Anspruch gegen das reproduktionsmedizinische Zentrum oder den behandelnden Arzt auf Auskunft.

Ob dieses Recht mit Erfolg geltend gemacht werden kann, hänge aber „von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab“. In vielen Fällen dürfte vor allem für junge Menschen die Hürde eines Zivilprozesses abschreckend wirken.

Erschwerend kommt oft eine fehlende Dokumentation über den Samenspender hinzu. Erst mit dem im August 2007 in Kraft getretenen Gewebegesetz gelten Aufbewahrungsfristen von mindestens 30 Jahren für Angaben, die zu diesem Zeitpunkt bereits dokumentiert waren.

Diese Pflicht, stellt die Regierung dar, erstrecke sich aber nicht auf Angaben aus den Jahren 1997 bis 2007.

Ausländische Samenbanken

Wieder zugeknöpft gibt sich die Regierung, was sie zu tun gedenkt, um die derzeitige oder künftige Vernichtung von Dokumenten zu verhindern, die nötig für einen Abstammungshinweis wären: „Meinungsbildung nicht abgeschlossen“, heißt es dazu nur.

Noch schwieriger ist die Rechtslage, wenn Kinder ihr Auskunftsrecht geltend machen, die mit Hilfe von Spendersamen aus einer ausländischen Samenbank gezeugt wurden. Hier könne eine „gesicherte Rechtsstellung“ der Kinder nur über internationale Konventionen gewährleistet werden.

Im Übrigen werde die Durchsetzung von Auskunftsrechten „sehr weitgehend von den bestehenden vertraglichen Abreden zwischen solchen Samenbanken und den in Deutschland lebenden Eltern abhängen“, heißt es.

Hoffnung auf schnelle gesetzliche Regelungen dürfen sich Betroffene nicht machen: Erst im Februar hat das Bundesjustizministerium einen „Arbeitskreis Abstammungsrecht“ eingesetzt, der Reformbedarf prüfen soll.

Im Ungefähren lässt es die Regierung, ob Ergebnisse dieses Expertenkreises noch in laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden: Man werde die Resultate des Arbeitskreises „sukzessive auf etwaigen dringlichen Umsetzungsbedarf prüfen“.

Interessenverband legt Vorschlag vor

Unterdessen hat der Interessenverband „Spenderkinder“ einen Vorschlag für ein Auskunftsverfahren vorgelegt, der sich an der Regelung in der Schweiz orientiert. Dabei ist ein Verfahren in zwei Schritten vorgesehen, das über die bloße Datenherausgabe hinausgehen soll:

Im ersten Schritt soll demnach der Spender über das Interesse des Kindes informiert werden. Dann kann er entscheiden, ob er sich aktiv beteiligen möchte – und etwa einer Kontaktaufnahme zustimmt.

„Meldet er sich nicht oder reagiert er ablehnend, wird das Kind auch darüber informiert. Ist das Kind weiterhin an identifizierenden Informationen interessiert, werden ihm diese mitgeteilt“, schlägt der Verein vor.

Unterdessen forderte die Juristin Professor Dagmar Coester-Waltjen von der Universität Göttingen bei der Jahrestagung 2014 des Deutschen Ethikrats, den Bogen der Dokumentations- und Auskunftspflichten viel weiter zu spannen.

Sie mahnte, das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung müsse sich nicht nur auf die Verwendung von Samenspenden beziehen, sondern auch auf die Eizellen und die Embryonen.

Ärzte Zeitung, 10.08.2015
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/medizinethik/article/887005/suche-nach-eigenen-herkunft-spenderkinder-muessen-weiter-warten.html

Tags: Reproduktionsmedizin – Eizellspende – Embryonenspende – Leihmutter – Samenspende – Social Freezing –  Spenderkinder.de –  Transgender Kinder – Störung Geschlechtsidentität – GIS – Kinderrechte – Familie Familienrecht

Datenbank – Spenderkinder – Donor Sibling Registry (Samenspender Register)

Das Donor Sibling Registry (USA)

Im Jahr 2000 haben Wendy Kramer und ihr Sohn Ryan in den USA das “Donor Sibling Registry” gegründet. Das DSR ist eine Organisation, die Familien nach Gametenspende vielfältig unterstützt. Vor allem hilft es mittels einer Datenbank denjenigen Kindern, die ihre genetischen Halbgeschwister oder ihren Spender finden möchten. Der Kontakt entsteht über die Internetplattform www. donorsiblingregistry.com.

ryanwendysibs2014

Wendy Kramer ist Ehrenmitglied im deutschen DI-Netz, und sie ist uns seit Gründung unseres Vereins eine wichtige Unterstützung. Das DSR steht für einen offenen und entspannten Umgang mit der Samenspende. Unsere Familien sind nicht bedroht, wenn Kinder mehr über den Spender wissen wollen und ihre Neugier stillen. Es muss kein Drama sein, sondern kann im Gegenteil eine Bereicherung für alle Seiten sein, wenn Kinder auf genetische Halbgeschwister oder Spender treffen.  Gerade in diesen Tagen – nach dem spektakulären Urteil des Bundesgerichtshofs – tut es gut, dass uns Wendy Kramer mit ihrem Netzwerk des DSR daran erinnert.

Deswegen freuen wir uns, dass in der aktuellen Printausgabe des SPIEGEL (8/2015; S. 114-117) ausführlich über das “Donor Sibling Registry ”  berichtet wird. Die Journalistin Kullmann hat Wendy Kramer in den USA besucht und schreibt darüber in einem vierseitigen Artikel unter dem Titel “Die genetische Sehnsucht”.

Hinweis auf Spiegel-Online:
https://magazin.spiegel.de/digital/index_SP.html#SP/2015/8/131812837
https://magazin.spiegel.de/digital/?utm_source=spon&utm_campaign=inhaltsverzeichnis#SP/2015/8/131812917

Interessenten aus dem In- und Ausland können sich in der Datenbank des “Donor Sibling Registry” gegen eine Jahresgebühr von 75$ registrieren. Sie geben alles, was sie über den Spender wissen, in eine Suchmaske ein und warten dann auf Rückmeldungen zu Überschneidungen mit anderen Mitgliedern. Die Registrierung kann auch auf anonymer Basis erfolgen. Bis heute haben sich 45.000 Menschen im DSR angemeldet, darunter sind 2200 Spender. Nicht nur aus den USA sondern auch aus vielen anderen Ländern der Welt. Bisher hat es insgesamt ca. 12.000 “Treffer” gegeben, so Wendy Kramer.

Im DSR sind aus Deutschland derzeit 90 Mitglieder registriert, davon haben rund 50 Halbgeschwister gefunden und 10 ihren Spender.

Die deutschsprachige Broschüre zum Donor Sibling Registry findet sich unter dem Link:
https://www.donorsiblingregistry.com/sites/default/files/files/DSR%20Brochure_GERMAN%202015_WEB%281%29.pdf

Wer darüber hinaus noch mehr über das Donor Sibling Registry erfahren möchte, dem empfehlen wir die Lektüre der beiden folgenden englischsprachigen Bücher:

  • Kramer, Wendy, Cahn, Naomi (2013) Finding our family. A-first-of its-kind-book for donor conceived people and their families.
  • Cahn, Naomi (2013) The new kinship. Constructing donor-conceived families

16..02. 2015, Quelle:
http://www.di-netz.de/das-donor-sibling-registry-usa/

Tags: Reproduktionsmedizin –  Eizellspende – Embryonenspende –  Leihmutter –  Samenspende –  Social Freezing –  Spenderkinder.de