Glückliche Trennungskinder haben zwei Zuhause

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Glückliche Trennungskinder haben zwei Zuhause

Kinder, die nach der Trennung der Eltern zu gleichen Teilen bei Vater und Mutter leben, haben laut einer Studie weniger psychische Probleme

Bergen – Eine Woche Mama, eine Woche Papa: Verglichen mit anderen Ländern haben in Norwegen verhältnismäßig viele Kinder nach der Scheidung ihrer Eltern zwei Wohnsitze. Wochen- oder tageweise pendeln die Kinder zwischen dem Zuhause der Mutter und des Vaters hin und her. Aber was haben die Kinder von diesem Wechselmodell?

Dieser Frage sind Forscherinnen und Forscher des norwegischen Regionalzentrums für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Kinderfürsorge (RKBU Vest) und Uni Research Health nachgegangen. In einer großangelegten Studie haben sie die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, deren geschiedene oder getrennt lebende Eltern sich die Obsorge und Betreuung im Alltag nach dem Schlüssel halbe-halbe teilen, mit Kindern verglichen, die nach der Trennung ihrer Eltern ausschließlich oder überwiegend bei einem Elternteil leben. Mit dem Ergebnis: Kinder und Jugendliche, die nach der Trennung ihrer Eltern zu gleichen Teilen bei Vater und Mutter leben, haben weniger psychische Probleme als Kinder mit anderen Wohnsitzregelungen.

Doppelresidenzen im Aufwind

„Es zeigte sich, dass Jugendliche mit einem geteilten Wohnsitz nach einer Scheidung über weniger psychische Probleme berichten als diejenigen, die überwiegend mit einem alleinerziehenden Elternteil oder in einer Stieffamilie lebten“, sagt Sondre Aasen Nilsen, Studienautor und Forscher am RKBU Vest. Darüber hinaus stellten die Wissenschafter fest, dass Jugendliche mit einem geteilten Wohnort nicht mehr psychische Probleme hatten als junge Menschen, die mit ihren beiden nichtgeschiedenen Eltern zusammenlebten.

Es ist die bisher größte norwegischen Umfrage, die den Einfluss unterschiedlicher Varianten der Kinderbetreuung nach Scheidung oder Trennung auf die kindliche Entwicklung untersuchte. Rund 7.700 junge Menschen beantworteten ausführlich Fragen zur Scheidung ihrer Eltern, zu den finanziellen Ressourcen der Familie und dazu, wie und mit wem sie nach der Scheidung lebten. Die Forscher weisen aber auf eine Einschränkung hin: Die Studie verwendete Daten aus dem Jahr 1997. „Es fehlten uns Informationen darüber, wie junge Menschen sich heute in verschiedenen Wohnverhältnissen anpassen, nachdem viele Familien sich für eine Doppelresidenz der Kinder entschieden haben“, sagt Nilsen.

Geteilter Wohnsitz umstritten

In Norwegen ist in den letzten zehn Jahren die Zahl der Eltern, die sich nach einer Scheidung für ihre Kinder zwei Zuhause ausgesucht haben, stark angestiegen, wobei das Kind ungefähr genauso viel mit der Mutter wie mit dem Vater lebt. Mehrere internationale Studien zeigen eine Korrelation zwischen dieser Lebensform und weniger psychischen Problemen bei Kindern mit geschiedenen Eltern verglichen mit denen, die überwiegend bei der Mutter oder dem Vater leben.

Dennoch ist der geteilte Wohnsitz strittig. Nicht nur was die psychische Entwicklung der Kinder anbelangt, auch politisch ist der ständige Wechsel zwischen zwei Häusern ein Streitfall. Benötigt eine Doppelresidenz für Kinder getrennt lebender Eltern doch mehr finanzielle Mittel und auch entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen. (chrit, 17.1.2018)
http://derstandard.at/2000072401839/Glueckliche-Trennungskinder-haben-zwei-Zuhause?

Aus dem Forum

Foren-Moderation 276

vor 4 Tagen

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Der Wechsel zwischen zwei Wohnsitzen

Eine Woche Mama, eine Woche Papa oder doch nur jedes zweite Wochenende? Liebe User, welche Erfahrungen haben Sie in der Kindheit bei sich oder auch bei anderen gemacht? Oder wie versuchen Sie es bei Ihren Kindern zu lösen? Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile bei den verschiedenen Modellen? (luh)

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Tags: Familienrecht – Gleichberechtigung Gleichstellung – Familie – Kindeswohl – Kindheit – Obsorge – Sorgerecht – gemeinsame – elterliche Sorge – Scheidung – Trennung – Vaterschaft

Erfolge im Kampf gegen Kinderpornografie in Österreich – Chronologie

Was den Kinderporno-Fall „Elysium“ so besonders macht

14 Tatverdächtige fasst die Polizei. Zwölf von ihnen wird sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen. Aber auch die Hintermänner, die die Kinderporno-Plattform betrieben haben sollen, werden gefasst.

Ein Screenshot eines Chat-Protokolls der Kinderpornografie-Plattform „Elysium“ wird am 07.07.2017 am Rande einer Pressekonferenz von Bundeskriminalamt (BKA) und Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt in Wiesbaden (Hessen) auf einem Monitor präsentiert.
Was den Kinderporno-Fall "Elysium" so besonders macht

Bild: SN/APA/dpa/Arne Dedert

Die jüngsten Missbrauchsopfer sind zwei Jahre alte Kinder: Insgesamt mehr als 87.000 Mitglieder konnten sich auf der Kinderporno-Plattform „Elysium“ im Darknet zum sexuellen Missbrauch von Kindern verabreden oder Videos und Bilder austauschen.

Die Ermittler haben sich bei der Suche nach den Tätern im Internet auf die Veränderungen in der Szene eingestellt. Trotz des Erfolgs mit dem Abschalten von „Elysium“ sowie mehreren Festnahmen bleibt der Kampf gegen die Kinderpornografie für die Fahnder schwierig.

Warum ist die Suche nach Kriminellen im Darknet so schwierig?

Die Suche nach Tätern im Darknet, dem verborgenen Teil des World Wide Web, ist extrem aufwendig und gleicht der Zusammensetzung eines riesigen Puzzles – ohne Garantie auf Erfolg. Oft kommen die Experten über eine ermittelte Person auf die Spur von weiteren Verdächtigen. „Und dann hangeln wir uns von Person zu Person weiter“, erklärt der Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, Andreas May. Bei ihrer Arbeit sind die Ermittler auch selbst im Darknet unterwegs.

Wie sind die Ermittler der Kinderporno-Plattform „Elysium“ im Darknet auf die Spur gekommen?

Bei „Elysium“ ging es nicht nur um den Austausch von Bildern und Videos. Es wurden auch Verabredungen zum tatsächlichen sexuellen Missbrauch von kleinen Kindern getroffen. „Diese Personen haben sich nicht nur im Darknet getroffen, sondern im richtigen Leben. Das hat die Ermittlungen erleichtert“, sagt May.

Was macht den Ermittlungserfolg so besonders?

Oft werden bei einem Schlag gegen die Kinderpornografie die Konsumenten von Bildern und Videos sowie die Täter von sexuellem Missbrauch ermittelt. Im Fall von „Elysium“ gelang es aber auch, den Betreiber der Kinderporno-Plattform zu fassen. Der 39 Jahre alte Mann aus Hessen soll die Plattform gebaut und im Darknet platziert haben sowie als Administrator für die Wartung zuständig gewesen sein.

Wie konnte die Kinderporno-Plattform innerhalb eines halben Jahres mehr als 87.000 Mitglieder bekommen?

Der Zugang zu der Plattform war vergleichsweise leicht. Bei vielen Kinderporno-Plattformen müssen die potenziellen Mitglieder für eine Anmeldung selber Bildmaterial bereitstellen oder sogar Kinder für den Missbrauch anbieten. Bei „Elysium“ reichte der Name für die Anmeldung aus. „Die Hemmschwelle war relativ gering“, erläutert der BKA-Bereichsleiter Cybercrime, Markus Koths.

Wie hat sich die Kinderpornografie-Szene entwickelt?

Die Entwicklung der Szene wird als sehr dynamisch eingeschätzt. Während in den 70er Jahren vor allem Zeitschriften kursierten und in den 80er Jahren Videos mit kinderpornografischem Material ausgetauscht wurden, verlagerte sich die Szene in den 90er Jahren ins Internet. Spätestens ab der Jahrtausendwende spielen sich die kriminellen Machenschaften nahezu vollständig im Darknet ab.

Werden alle Nutzer von Kinderporno-Plattform als potenzielle Täter für den Missbrauch von Kindern eingeschätzt?

Die Ermittler berufen sich auf Studien, nach denen bei vorsichtiger Schätzung etwa zehn Prozent der Konsumenten von kinderpornografischem Material auch Kinder missbrauchen.

Wie versuchen die Ermittler, die Opfer zu identifizieren?

Ein Mittel ist die sogenannte Schulfahndung. Lehrern werden dann in Einzelfällen Bilder gezeigt und es kommt mitunter zu entscheidenden Hinweisen – so wie bei den Ermittlungen zu den beiden österreichischen Opfern im Fall „Elysium“.

Welche Hebel können neben der Strafverfolgung angesetzt werden, um die Szene auszudünnen?

Die Präventionsarbeit für Pädophile sollte nach Einschätzung von Oberstaatsanwalt May deutlich ausgebaut werden. Der Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität plädiert für ein bundesweit flächendeckendes Hilfsangebot für die Betroffenen, damit es nicht als letztes Mittel zur Strafverfolgung kommen muss.

Von Dpa   /   07.07.2017 – 14:53
http://www.salzburg.com/nachrichten/welt/chronik/sn/artikel/was-den-kinderporno-fall-elysium-so-besonders-macht-255348/

Artikel:

Erfolge im Kampf gegen Kinderpornografie in Österreich – Chronologie

Wien (APA) –
Im Kampf gegen Kinderpornografie sind den Behörden in den vergangenen Jahren in mehreren internationalen Operationen Erfolge gelungen. Im Folgenden eine Auflistung der spektakulärsten Aktionen mit österreichischer Beteiligung seit 2007. Die Ermittlungen erstreckten sich jeweils über mehrere Monate oder Jahre, daher fehlt oftmals eine genaue Datierung der Operationen.

Operation „Elysium“. Am 12. Juni 2017 wird der Betreiber einer seit 2016 bestehenden Kinderporno-Plattform im Darknet namens „Elysium“ festgenommen. 14 Verdächtige in Deutschland und Österreich werden ausgeforscht und teils auch festgenommen, 29 Opfer identifiziert. Die weltweit tätige Plattform hatte 87.000 Mitglieder. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt wegen massiver sexueller Übergriffe, wird am 6. Juli bekannt.

Operation „Gondola“: Beim Aufdecken eines Kinderpornorings durch amerikanische Behörden werden nach Hinweisen aus den USA auch 20 Österreicher ertappt. Bei einem Verdächtigen in Klagenfurt findet die Polizei Material, das belegt, dass sich der 38-Jährige an Nachbarskindern vergangen hat. Ein 63-jähriger Wiener wird bei einer Razzia tot vor seinem Computer entdeckt, er hat einen Herzinfarkt erlitten. Insgesamt werden bei der Aktion allein in Österreich 1.600 Computer sowie Speichermedien sichergestellt, wird am 9. September 2012 bekannt.

Operation „Carole“: Bei einer weltweiten Operation gegen Kinderpornografie forschen Polizeibehörden in 141 Ländern Hunderte Pädophile aus. Das Bundeskriminalamt in Wien ermittelt bei seinem bisher größten Schlag 272 Personen allein in Österreich. Die Verdächtigen stammen aus allen Bundesländern. Die Pädophilen haben über Internet-Foren Missbrauchsbilder und -videos von Kindern verbreitet. Am 4. Juli 2012 gibt das Innenministerium den Fall bekannt.

Operation „Charly“: Nach Hinweisen aus Luxemburg werden im Verlauf des Jahres 2010 in Österreich 107 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Jedes Mal werden die Beamten fündig und stellen einschlägiges Material sicher. Ein Steirer hortete 20.000 Bilder und 300 Videos, wie im Dezember vom Bundeskriminalamt bekanntgegeben wird.

Operation „Typhon“: Die Webseite eines österreichischen Betreibers (File-hosting-Service) wird zur Verbreitung von Kinderpornografie missbraucht. Im Zuge von Hunderten Hausdurchsuchungen in Europa und Kanada werden 221 Verdächtige ausgeforscht (davon 23 in Österreich) und 115 Täter festgenommen. Der Abschluss der Operation wird am 10. Dezember 2009 öffentlich gemacht.

Operation „Geisterwald“: Federführend von der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main wird ein international tätiger Kinderporno-Ring zerschlagen. Weltweit werden auf Basis der Erkenntnisse der Sonderermittler 178 Hausdurchsuchungen durchgeführt. 22 Männer werden festgenommen. Fünf von ihnen stammen aus Österreich. Darunter ist ein 41-jähriger Wiener Familienvater, der seine zehn Jahre alte Stieftochter wiederholt sexuell missbraucht und dabei angefertigte Fotos und Videos im Internet verbreitet hat. Der Fall wird am 30. September 2009 bekannt.

Ausforschung einer brasilianischen Website: 43 österreichische Konsumenten werden identifiziert, 31 Verdächtigen kann der Besitz oder die Weitergabe von Kinderpornos nachgewiesen werden. Am 23. September 2009 gibt das Bundeskriminalamt in Wien den Fall bekannt.

Operation „Sledgehammer“: Im Zuge der Ausforschung einer kroatischen Internetseite wird 189 Männern in Österreich der Besitz oder die Weitergabe von obszönen Aufnahmen nachgewiesen. Insgesamt werden 935 Verdächtige identifiziert, gegen 624 muss das Verfahren eingestellt werden, da sie das Material nur angesehen und nicht heruntergeladen haben. Bekannt wird der Fall am 13. März 2009.

Operation „Sinon“: In Bayern werden zwei Internetdateien entdeckt, die schweren sexuellen Missbrauch an einer etwa zehnjährigen Asiatin und einem etwa zwölfjährigen blonden Mädchen zeigen. 125 österreichische User-Adressen sind betroffen, 80 Verdächtige werden ausgeforscht. Darunter befindet sich ein 44-jähriger Wiener, dessen PC-Bildschirmschoner den Mann während des Missbrauchs seiner zehnjährigen Stieftochter zeigt. Der Fall wurde am 2. Jänner 2008 bekannt.

Operation „Flo“: Die Polizei deckt eine Kinderporno-Verteilung über den Server einer Wiener Internetfirma auf. 2.361 Usern aus 77 Ländern kann der Zugriff auf acht Videos nachgewiesen werden, 23 Verdächtige stammen aus Österreich. Aufgedeckt wird der Fall nach einem Hinweis der Internetfirma, dessen File-Sharing-Dienstleistung von den Pornogeschäftemachern missbraucht wurde. Bekannt wird der Fall am 7. Februar 2007.

06.07.2017 14:24
http://www.tt.com/home/13184696-91/erfolge-im-kampf-gegen-kinderpornografie-in-%C3%B6sterreich—chronologie.csp
Tags: Pädo-Operationen Operation Gondola – Operation Carole Operation Charly Operation Typhon Operation Geisterwald Operation Sledgehammer Operation Sinon Operation Flo – Familie – Gesetze Österreich Gewalt – Kindesmissbrauch – Kindeswohlgefährdung

KESB der beste Feind

«Man führte einen Krieg gegen uns»: Autorin Zoë Jenny
 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) ist in kurzer Zeit zur meistgehassten Behörde geworden. Wie konnte das nur passieren?

Kritik funktioniert richtig gut, wenn man sie in eine Ge­schichte verpackt. Beim «Stern» geht das so: Am 4. Juni besteigt der 88-jährige Klaus Seidel, begleitet von seinem Neffen Fritz, in Flüelen klammheimlich den 12.10-Uhr-Zug. Seidel flüchtet, weil die ­Urner Kesb ihn in ­einem Heim versorgen will. Knapp zwei Stunden später überqueren sie bei Basel unerkannt die deutsche Grenze. Im deutschen Asyl erklärt Klaus ­Seidel dem Reporter, er habe nur diese Wahl gehabt: «entweder in einem Heim völlig zu ­verblöden. Oder: Flucht».

Dafür habe er seine Frau zurücklassen müssen, die er wohl nie wiedersehen werde. Es sei vermutlich ein Abschied ohne Wiederkehr, wie damals bei den DDR-Flüchtlingen. Wer einmal gehe, der gehe für immer. Schuld daran sei die Urner Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, die Kesb.

Die Geschichte vom guten Herrn Seidel und der bösen Schweizer Behörde hat einen Haken: Sie schildert nur die eine Seite der Wahrheit. Die Geschichte des Urner Obergerichts zeigt die andere Seite. Nämlich die: Nach einem Schlaganfall kann der an Demenz und Alzheimer erkrankte Klaus Seidel nicht mehr für sich und seine Frau sorgen. Deshalb sollen die beiden in eine Pflegewohngruppe verlegt werden. Seidel und seine Familie wehren sich. Doch sie reichen trotz Aufforderung kein Konzept ein, wie sie ­Seidels Pflege sicherstellen wollen. Bedingung wäre eine Bezugsperson mit Pflege­erfahrung gewesen. Deshalb sei der Kesb nichts anderes übrig­geblieben, als das Paar in ein Heim einzuweisen.

«Das war reinster Psychoterror!»

Zoë Jenny, Schriftstellerin und Mutter

So funktionieren viele Kesb-Geschichten. Sie handeln von einer selbstherr­lichen Behörde, die durch Fehlentscheide ohnmächtige Menschen ins Elend stürzt und Unsummen an ­Steuer
geldern verschleudert. Es sind Tragödien, die von einer himmelschreienden Ungerechtigkeit berichten. Schuld ist immer die Kesb. Sie ­ist zum per­fekten Ziel für Wut und Hass gegen den Staat geworden. Man kann sie verhöhnen und verteufeln, als Stasi-­Behörde abstempeln, den Inbegriff ­des Unrechtsstaats. Die Kesb, das anonyme Monster, das Familien zerstört.

Eine Kritikerin der ersten Stunde ist die Schriftstellerin Zoë Jenny. Sie will die Kesb abschaffen, weil sie ihr das Leben zur Hölle gemacht und sie aus der Heimat vertrieben habe. Die Kesb, sagt Jenny, wolle ihr die Tochter wegnehmen. Der «Schweizer Illus­trierten» schilderte sie in drei Sätzen, was Sache ist: «Man führte einen Krieg gegen uns – so habe ich es empfunden. Daher spreche ich auch von Exil. Das war reinster Psychoterror!» Jenny, die besorgte Mutter, verteidige nur ihre Familie gegen die übermächtige Kesb. Die Methode: ins Ausland fliehen und von dort aus zurückschlagen, um den Drachen zu töten. Jennys Waffen sind nicht die Schwerter, sondern Interviews und die Androhung einer Volksinitiative.

Der Vater reist aus Bali an

Was seine Familie zerstöre, sei nicht die Kesb, sondern Zoë Jenny, sagte ihr Exmann Matthew Homfray in der «SonntagsZeitung», nachdem er lange geschwiegen hatte. Jenny verhindere mit allen Mitteln, dass er das gemeinsame Sorgerecht für die Tochter ausüben könne. Alle zwei Monate fliege er von Bali nach Wien, um wenigstens ein paar Stunden mit seiner Tochter verbringen zu können. Mehr toleriere seine Exfrau nicht. Sobald eine ­Behörde seine Besuchszeiten auf die Nacht ausweite, wechsle Jenny den Wohnsitz. Deshalb sei sie vom Kanton Basel ins italienische Grosseto, in den Kanton Zürich, weiter nach Schwyz und schliesslich nach Wien umgezogen. Seine Einschätzung ist diametral anders als diejenige seiner Exfrau: «Die Kesb muss im Interesse des Kindes handeln. Genau das hat sie in meinem Fall immer getan.»

Das Muster ist immer dasselbe: Hört man sich eine Seite an, ist die Empörung gewiss. Vernimmt man die andere, empört man sich gleich nochmals. Und bleibt konsterniert zurück.

Eigenartig am Kesb-Bashing ist: Experten, die mit der Sache vertraut sind, schildern die Arbeit der Kesb fast durchwegs als positiv. Sie kritisieren einzelne Entscheide und verweisen auf Probleme, mit denen die Behörde kämpft. Alle sagen jedoch: Die Kam­pagne, die gegen die Kesb laufe, sei nicht repräsentativ.

Behörde KESB Schweiz
Behörde KESB Schweiz
«Die Behörde ekelte uns aus der Schweiz»: Zoë Jenny bekämpft die Kesb auch noch von Wien aus.

Eine Einschätzung, die die Experten des Beobachter-Beratungszen­trums teilen, die fast täglich Klagen über die Kesb zu hören bekommen. «Unter dem alten System waren wir immer wieder mit Willkür­entscheiden lokaler Behörden konfrontiert, die mitunter gegen geltendes Recht verstiessen», sagt Walter Noser. «Inzwischen beschränkt sich unsere Beratung fast ausschliesslich darauf, den Betroffenen Entscheide der Kesb zu erklären; etwa, was ein gemein­sames Sorgerecht für die getrennten ­Eltern und ihre Kinder konkret be­deutet.» Das Verrückte dabei sei: «Die meisten verstehen das dann auch.»

Selbstverständlich gibt es gewich­tige Kritik. So bemängeln Experten das Fehlen von Pikettdiensten rund um die Uhr, zu knapp bemessene ­Stellenpläne, die hohe Personalfluk­tuation oder die Tendenz, Entschei­dungs­gremien personell aufzublähen, damit am Schluss niemand für einen Entscheid geradestehen muss.

Dass die Kesb Kritik auf sich zieht, liegt in der Natur ihrer Aufgabe. Sie muss von Gesetzes wegen einschreiten, wenn jemand schutzbedürftig oder gefährdet ist. Und Entscheide fällen, die tief ins Private hineinreichen und einschneidende Konsequenzen für das Leben der Betroffenen haben können. Dass es immer wieder solche gibt, die nicht alle Parteien zufriedenstellen, versteht sich von selbst.

Das José-Mourinho-Prinzip

In diesem Klima der Kesb-Hetze kann es leicht passieren, dass Täter zu ­Opfern werden. Wie beim Fussball, wenn ein Spieler wegen eines üblen Fouls rotsieht und der Schiedsrichter hinterher schuld an der Niederlage ­gewesen sein soll. Ein Meister solcher Verdrehungen ist Startrainer José Mourinho, der alles und jeden beleidigt, der dem Erfolg im Weg steht.

Das Mourinho-Prinzip der Diffamierung ist in der Schweiz angekommen. Das geht dann so: Eine Behörde nimmt den Eltern die Kinder weg. Die Mutter kämpft mit allen Mitteln gegen diesen Entscheid. Über die Feiertage können die Kinder heim zu ihr.

An Silvester teilt der Bezirksrat der Anwältin der Mutter schriftlich mit, dass ihre Beschwerde abgewiesen worden sei und die Kinder zurück ins Heim müssten. Die Mutter erfährt am Neujahrstag per E-Mail davon. Am Nachmittag berät sie sich mit ihren 
Eltern. Sie kommen zum Schluss, dass Mutter und Kinder untertauchen müssen. In der Nacht, allein zu Hause, sieht die Mutter keinen Ausweg mehr. Die Grosseltern berichten hinterher, die Mutter habe ihre zweijährige 
Tochter und ihren fünfjährigen Sohn vom Kinderheim «erlösen» wollen. Ein halbes Jahr später begeht die Mutter in der Untersuchungshaft Suizid. Ein schreckliches Drama.

Diese Geschichte, der sogenannte Fall Flaach, ist für Kesb-Gegner wie Zoë Jenny der Beweis, dass man die Kesb abschaffen sollte. Für sie trägt allein die Behörde die Schuld daran, dass Alessia und Nicolas sterben mussten. Die Mutter habe nicht anders gekonnt.

Da wird eine Täterin zum Opfer verklärt und mit einer Tragödie Politik gemacht. Solche Geschichten, die beweisen sollen, wie unmenschlich die Kesb agiert und dass sie besser heute als morgen abgeschafft gehört, funk­tionieren nur, wenn man sich mit der halben Wahrheit zufriedengibt.

 Autor: Martin Vetterli, Bild, Jürgen Bauer / Süddeutsche Zeitung Photo