Das neue Baukindergeld der CDU/CSU und SPD

Das Geld der Steuerzahlern wird einseitig verteilt. Familien mit einer Mietwohnung sind die Verlierer.

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Subventionspläne zum Wohnungsmarkt – Baut, Bürger, baut!

Mit einem Baukindergeld wollen Union und SPD günstiges Wohnen fördern.

Doch die neue Subvention ist umstritten – auch wegen schlechter Erfahrungen in der Vergangenheit.

© Christian O. Bruch/ laif Von David Böcking
Bauarbeiten in Schwerin (Archivbild)

Wer kann sich ein Dach über dem Kopf leisten? Das werde nicht weniger als „die soziale Frage des 21. Jahrhunderts sein“, sagt SPD-Vizechefin Natascha Kohnen. In der Arbeitsgruppe Wohnen hat sich ihre Partei mit der Union auf eine Reihe von Schritten verständigt, durch die Wohnraum trotz steigender Mieten und Grundstückspreise bezahlbar bleiben soll.

Am vielleicht wichtigsten wohnungspolitischen Vorhaben der Koalition gibt es jedoch erhebliche Zweifel: Durch das sogenannte Baukindergeld sollen junge Familien beim Erwerb von Wohneigentum unterstützt werden. Laut Wahlprogramm der Union wird die Subvention sowohl für Neubauten als auch den Kauf bestehender Immobilien gezahlt.

Pro Kind will der Staat jährlich 1200 Euro zuschießen, über eine Laufzeit von insgesamt zehn Jahren. Gewährt werden soll die Subvention bis zu einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von 75.000 Euro, wobei pro Kind ein Freibetrag von 15.000 Euro gilt. Eine Familie mit einem Kind würde also bis zu einem Bruttoeinkommen von rund 100.000 Euro im Jahr gefördert. Die Gesamtkosten werden mit rund 440 Millionen Euro im Jahr beziffert.

Viel Geld, finanziert von allen Steuerzahlern, das jedoch einseitig verteilt wird. Denn vom Baukindergeld profitieren natürlich nur jene, die sich den Bau oder Kauf einer eigenen Immobilie leisten können und wollen. In Deutschland ist das bislang nur etwa jeder Zweite. Europaweit leben dagegen sieben von zehn Bürgern in Wohnungen oder Häusern, die ihnen gehören.

Dass der Staat diese Quote im Kampf gegen die Wohnungsnot nun gezielt erhöhen will, hält Niels Nauhauser für problematisch: „Wir sehen es grundsätzlich skeptisch, wenn der Staat Einfluss auf die Entscheidung der Verbraucher nimmt, wie sie für das Alter vorsorgen wollen“, sagt der Abteilungsleiter für Altersvorsoge, Banken und Kredit bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Damit werde eine falsche Sicherheit signalisiert. „Immobilien können auch im Preis fallen, das haben wir zuletzt in den USA und weiten Teilen Europas gesehen.“

In Deutschland steigen die Preise zwar noch kräftig, schon länger gibt es hierzulande aber auch Anzeichen für eine Überhitzung. Mit der neuen Subvention signalisiere der Staat dennoch: Baut, Bürger, baut! Ein Argument, das Banken, Immobilienmakler und andere dankbar aufgreifen werden. „Jede Förderung ist immer eine Steilvorlage für die Vertriebsmaschinerie“, sagt Nauhauser. „Niemand sollte so dumm sein, sich all die staatlichen Fördermittel entgehen zu lassen, wird es heißen.“

Dadurch könnte ein erheblicher Teil der staatlichen Gelder bei den falschen Empfängern landen. So war es schon bei der Eigenheimzulage, mit der bis 2005 der Hausbau gefördert wurde. Die staatliche Subvention trieb Studien zufolge die Bodenpreise in die Höhe und förderte die Zersiedelung der Landschaft.

Gerade in Großstädten, wo die Immobilienpreise besonders stark steigen, dürfte das Baukindergeld für die wenigsten Familien die Lösung sein. Hier wollen Union und SPD unter anderem durch zwei zusätzliche Milliarden für den sozialen Wohnungsbau und Nachbesserungen bei der Mietpreisbremse helfen, die sich bislang als weitgehend wirkungslos erwiesen hat.

Mehr Bauland soll es unter anderem durch erleichterte Verkäufe von Grundstücken in Bundesbesitz und eine Reform der Grundsteuer geben, über die derzeit ohnehin vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt wird. Über eine neue Grundsteuer C könnten ungenutzte Grundstücke dann höher besteuert werden, um die Besitzer zum Bauen zu animieren.

Reiner Braun vom Forschungsinstitut Empirica erwartet jedoch Rechtsstreitigkeiten über die Definition solcher Grundstücke. „Im Ergebnis wird die Grundsteuer C nicht wie erwartet ausreichend Bauland mobilisieren“, sagt er. Letztlich sei eine Reform in Richtung einer Bodenwertsteuer notwendig. Diese wäre unabhängig von der Art der Bebauung und würde nach Ansicht ihrer Befürworter zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Bauland führen.

Das Baukindergeld hält Braun ebenfalls für unzureichend, da es nicht eine „dringend erforderliche Sparförderung“ ersetze. So seien etwa die Einkommensgrenzen für die Wohnungsprämie – eine weitere Subvention für den Immobilienmarkt – seit 1996 nicht mehr angehoben worden. Außerdem gebe es immer mehr Kinderlose, die Eigentum erwerben wollten, aber zu wenig Eigenkapital und keine staatliche Förderung hätten.

Auch Niels Nauhauser findet, dass der Staat lieber Sparer allgemein statt nur Häuslebauer mit Kindern fördern sollte. Seine Verbraucherzentrale plädiert für einen staatlichen Vorsorgefonds nach schwedischem Vorbild, ohne die oft hohen Provisionen der Finanzindustrie. „Davon würden alle Verbraucher profitieren“, sagt Nauhauser. „Auch die, die nur 50 Euro im Monat zur Verfügung haben. Und das erfordert nicht einmal ein Mehr an Steuermitteln.“

Zusammengefasst: Union und SPD haben sich auf ein Baukindergeld geeinigt, das Familien mit Kindern beim Erwerb von Wohneigentum unterstützen soll. Umstritten ist die Subvention vor allem deshalb, weil nur ein Teil der Bevölkerung davon profitiert, der Immobilienmarkt schon jetzt überhitzt ist und das Geld in den falschen Händen landen könnte.

Montag, 05.02.2018   16:08 Uhr
http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/baukindergeld-warum-die-groko-plaene-umstritten-sind-a-1191494.html