Matthew Homfray nimmt erstmals zur Dauerfehde der Bestseller-Autorin mit der Behörde Stellung
Wien Lang hat Matthew Homfray geschwiegen. «Ich wollte diese Situation nicht kommentieren, die eigentlich eine private Angelegenheit ist», sagt der 35-jährige Brite. «Aber nun ist es an der Zeit, dass ich die Fakten klarstelle. Denn meiner Meinung nach hat die Kesb in unserem Fall hundertprozentig richtig gehandelt.»
Es geht um einen der bekanntesten Fälle, bei dem die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) eingreifen musste. Bekannt gemacht hat ihn die Mutter des Mädchens: Matthew Homfrays Ex‑Frau, die Schweizer Schriftstellerin Zoë Jenny, 41.
Unter dem Pseudonym «Penelope Meyer» veröffentlichte Jenny im Oktober letzten Jahres in der «Weltwoche» zwei «Erfahrungsberichte» vom Umgang mit der Kesb. Sie schrieb von «Drohgebärden» und «subkutanem Angsteinjagen». Kurz darauf bezeichnete Jenny die Kesb im «SonntagsBlick» als «eine Schande für die Schweiz».
Sie trat in der SRF-«Arena» auf, weil sie «einen eigentlichen öffentlichen Kampf gegen die Kesb» führe, sagte Moderator Jonas Projer in der Sendung vom 17. Oktober 2014. Dass sie von der Kesb zu einem Vermittlungsgespräch eingeladen worden war, bezeichnete Jenny dort als «absurd», die Behörde habe sich «instrumentalisieren» lassen «von jemandem, der auf der anderen Seite der Welt lebt». Sie meinte wohl ihren Ex-Mann Matt Homfray.
Nach dem Tod zweier Kinder, die am Neujahrstag in Flaach ZH von ihrer eigenen Mutter erstickt worden waren, machte Jenny schliesslich die Behörde mitverantwortlich. Auf einer Website sammelt Zoë Jenny Kritik an der Kesb. Zusammen mit SVP-Nationalrat Pirmin Schwander und Autorin Julia Onken will sie auch politisch gegen die Kesb kämpfen.
Matthew Homfray dagegen zeichnet ein ganz anderes Bild vom Behördenkontakt. Alle zwei Monate fliegt er zu seiner Tochter, um Zeit mit ihr zu verbringen. Es sei eine weite Reise von Indonesien nach Wien, sie dauere bis zu 24 Stunden, sagt er. Vergangene Woche war es wieder so weit: Zum 25. Mal durfte Matthew Homfray seine Tochter besuchen, an fünf Tagen. Von Mittwoch bis Freitag konnte er das Mädchen jeweils um 13 Uhr im Kindergarten abholen, am Samstag und am Sonntag um 9 Uhr daheim bei seiner Ex-Frau. Vater und Tochter besuchten unter anderem den Wiener Prater.
«Zoë und ich sind 2010 mit unserer einjährigen Tochter nach Bali gezogen, um unseren Traum vom Leben auf einer tropischen Insel zu verwirklichen», sagt Jennys Ex-Mann. Der Tierarzt engagierte sich dort für ein Hilfswerk, unterstützte ein Tollwutimpfprogramm.
«Ein paar Monate nach unserer Ankunft eröffnete ich auf Zoës Anregung hin eine Tierarztpraxis», erzählt er. Ein paar weitere Monate verstrichen, dann zog es die Schriftstellerin zurück nach Europa. «Weil ich alle meine Ersparnisse ins Tierklinikprojekt gesteckt hatte, war ich in der schwierigen Situation, eine Fernbeziehung mit jemandem auf der anderen Seite der Welt zu führen», sagt Homfray. «Wenig überraschend, dass unsere Ehe dies nicht überlebt hat.»
Den Zugang zur eigenen Tochter aufrechtzuerhalten, erlebe er seither als «juristischen Albtraum», sagt Homfray. «Die britischen Gerichte haben die finanzielle Seite unserer Scheidung geregelt. Aber weil wir damals beide nicht in Grossbritannien lebten, gab es kein Urteil zum Kontakt zu unserer Tochter.»
Ein Zürcher Richter habe das gemeinsame Sorgerecht für die Tochter bestätigt: «Wir haben uns darauf geeinigt, dass sie bei Zoë wohnen wird – mit der Auflage, dass ich meine Tochter fünfmal pro Jahr für mindestens eine Woche besuchen darf und dass wir jedes Wochenende skypen können.»
Häufiger könne er nicht nach Europa fliegen, sagt Homfray, «ich habe inzwischen zwei gut ausgelastete Tierpraxen auf Bali mit 36 Angestellten.»
Fünf Wochen pro Jahr, mehr habe er nie verlangt, erklärt Homfray. «Doch für eine normale Vater-Tochter-Beziehung sollte ich mit ihr eine Woche lang Ski fahren können oder Strandferien machen. Zoë will meine Besuche auf ein paar Stunden Entenfüttern pro Tag beschränken.»
Jenny sei strikt dagegen, dass die gemeinsame Tochter beim Ex-Mann im Hotel oder in einer Ferienwohnung übernachte. «Meine Tochter ist ein fünfjähriges Einzelkind», sagt Homfray. «Nur dank meiner Beharrlichkeit habe ich eine starke Verbindung zu meiner Tochter, was angesichts des hinderlichen Verhaltens der Mutter ziemlich bemerkenswert ist.»
Matthew Homfray spricht von einem «Muster», das seine Ex-Frau im Streit mit den Behörden entwickelt habe: «Sie und ihr Freund ziehen immer wieder um, jeweils in ein Gebiet mit einer anderen gerichtlichen Zuständigkeit», sagt er. «Sie sind vom Kanton Basel nach Grosseto in Italien gezogen, dann in den Kanton Zürich, nach Schwyz und schliesslich nach Wien. Und bei jedem neuen Richter fängt es wieder von vorn an: Zunächst erlaubt man mir beschränkte Besuche am Tag mit der Aussicht auf eine ganze Woche mit Übernachten», erzählt Matthew Homfray. «Sobald die Besuche auf die Nacht ausgeweitet werden , zieht meine Ex-Frau wieder um und der Ablauf beginnt dann wieder von vorn. Als Autorin kann sie überall arbeiten – ihre Fluchttaktik kommt mir inzwischen bedrückend vertraut vor.»
Auf eine schriftliche Anfrage der SonntagsZeitung, Stellung zu nehmen, reagierte Zoë Jenny nicht. Nach ihrem Umzug nach Wien sprach die Schriftstellerin in Interviews von einer Flucht «ins Exil». «Diese Behörde», sagte Jenny im «SonntagsBlick» über die Kesb, würde «Kritiker konsequent einschüchtern», aber sie lasse sich «weder terrorisieren noch mundtot machen».
Homfray sieht das freilich anders. «Ein Kind daran zu hindern, eine normale Beziehung mit einem liebevollen und verantwortungsvollen Elternteil aufzubauen, ist eine Form von Kindesmissbrauch. Deshalb hat sich die Kesb eingeschaltet.» Es liege in der Natur einer Sozialbehörde, dass sie es nicht allen recht machen könne, wenn beide Seiten glauben, im Recht zu sein. «Sie muss im Interesse des Kindes handeln. Genau das hat die Kesb in meinem Fall immer getan», erklärt er. «Die Vorgehensweise der Kesb war immer mitfühlend und vernünftig. Sie hat professionell und fair gehandelt.»
In seinem Fall habe die Behörde einfach Auflagen erlassen, um seine Besuche bei der Tochter zu schützen. «Sie haben einen Plan erstellt, um die Besuche bis zum Übernachten auszuweiten», sagt Homfray. «Die Kesb hat sogar empfohlen, einen Besuchsbeistand als Vermittler beizuziehen, weil die Zusammenarbeit und die Kommunikation mit meiner Ex-Frau schwierig war.»
Er hoffe, dass die Odyssee nun in Wien ein Ende finde, sagt der Vater, «dass meine Tochter etwas Stabilität erfährt und dass ihre Bedürfnisse respektiert werden.» «Natürlich ist es nicht im Interesse meiner Tochter, dass sie ständig umziehen muss, von Ort zu Ort, von Kindergarten zu Kindergarten. Es macht mich traurig und verzweifelt, dass sie so herumgeschoben wird, dass sie sich immer wieder neue Freunde suchen muss.» Wer die Details des Falles kenne, sagt Homfray, der sehe die «Ironie» in Jennys politischem Engagement: «Das ist eine Farce.»
Nun müsse er in einer weiteren Region rechtliche Schritte einleiten, erzählt Homfray. Trotz allem habe er nach wie vor Hoffnung. «Die Behörden haben unseren Fall in der Schweiz und in Italien untersucht. Sie kommen immer wieder zum gleichen Ergebnis: Das Kind soll beim Vater übernachten dürfen. Ich bin zuversichtlich, dass es in Österreich nicht anders sein wird», erklärt Homfray. «Meine Tochter ist zur Hälfte Engländerin. Ich hoffe, dass ich ihr bald London zeigen kann und dass wir meine Familie besuchen können. Das sind ja nicht nur meine Verwandten. Es ist auch ihre Familie.»