Richter kommt hinter Gitter

Lüneburg. Weil er Prüfungslösungen für Jura-Staatsexamen verkauft hat, ist ein Richter in Lüneburg zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Der Fall ist beispiellos in Deutschland. Die berufliche Karriere des Juristen ist damit vorbei. Für viele seiner Kunden ist das Verfahren noch nicht ausgestanden.
Vollkommen regungslos sitzt der Richter auf der Anklagebank, als er die Urteilsbegründung entgegennimmt. Grauer Anzug, blaues Hemd, die Hände gefaltet. Emotionen hat er während des Verfahrens kaum gezeigt, nur am Tag des Geständnisses war das anders.
Zu fünf Jahren Haft hat das Landgericht Lüneburg ihn gerade verurteilt – das dürfte auch das berufliche Aus für den Familienvater bedeuten, inklusive Verlust der Pension. Eine Zukunft als Rechtsanwalt ist ihm damit ebenfalls verbaut.
Die Vorfälle waren beispiellos:
Der ehemalige Referatsleiter im niedersächsischen Landesjustizprüfungsamt in Celle gestand, dass er angehenden Juristen Prüfungslösungen für das entscheidende Zweite Staatsexamen verkaufte, teilweise bot er sie auch nur für hohe Summen an.
Er habe den Referendaren helfen wollen, sagte der 48-Jährige. Die meisten Betroffenen hatten einen Migrationshintergrund, für sie seien die Prüfungen besonders schwer gewesen.
Vor dem beruflichen Nichts
Die Vorsitzende Richterin Sabine Philipp findet das verwerflich, wie sie am Donnerstag betont: „Er hat sich auch noch die Schwachen und Schlechten herausgesucht“, sagt sie. „Respekt gebührt denen, die das Angebot abgelehnt haben.“ Viel Mitleid mit den übrigen Referendaren hat sie nicht: „Es gehören zu solchen Unternehmungen ja immer zwei.“
Mindestens 15 Nachwuchsjuristen soll nun das Zweite Staatsexamen nachträglich aberkannt werden, gegen die Betroffenen wird gesondert verhandelt. Nach jahrelangem Studium stehen die einstigen Referendare damit vor dem beruflichen Nichts. Nach Zeitungsberichten sollen zwei Betroffene kurzzeitig als Proberichter im Justizdienst tätig gewesen sein, einer als Staatsanwalt und eine als Verwaltungsrichterin.
Richterin Philipp betont, der Jurist habe nicht als Samariter gehandelt. „Außerdem hatte der Angeklagte durchaus seinen eigenen Vorteil im Blick, nämlich Geld und die Anbahnung sexueller Kontakte“, sagte sie. In seinem Geständnis räumte der Ex-Richter eine intime Beziehung zu einer der Referendarinnen ein.
„Mit den Taten hat der Angeklagte das niedersächsische Prüfungswesen verraten und verkauft“, sagte Oberstaatsanwalt Marcus Röske. „Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas in Deutschland möglich ist“, sagte eine Zeugin.
Die Justiz hasse ihren Mandanten, behaupteten dagegen die Verteidiger, ein Exempel solle statuiert werden. Das wies die Vorsitzende zurück. Und tatsächlich war während des Verfahrens bei den Juristen eher ein ungläubiges Staunen zu beobachten – einer von ihnen soll es gewesen sein.
26.02.2015 – 17:06 Uhr Von Peer Körner
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