300 Euro Pension für Heimkinder-Opfer | Opfer droht Zwangsvollstreckung

Heimopfern droht Zwangsvollstreckung

1977 hat die Stadt Wien das Erziehungsheim am Wilhelminenberg in einer Nacht-und-Nebel-Aktion geschlossen. Die Ansprüche der „Heimkinder“ sind verjährt.

Früheren „Heimkindern“, die die Stadt Wien geklagt und verloren haben, droht die Zwangsexekution. Eine Klägerin wehrt sich, eine andere zahlt in Raten zurück

Wien – Die Mahnung vom 11. April 2017 ist kurz und bündig. Die Adressatin – zwischen ihrem achten und 15. Lebensjahr im städtischen Kinderheim am Wiener Wilhelminenberg untergebracht und misshandelt – wird von der Justiz ersucht, die „bisher nicht bezahlten Gerichtsgebühren und Kosten von 370 Euro“ zu bezahlen. Andernfalls drohe die gerichtliche Zwangsvollstreckung. Die Frau ist eines der „ehemaligen Heimkinder“ und Gewaltopfer der 1950er- bis 1970er-Jahre, bei denen sich die Republik im November in einem Festakt offiziell entschuldigt hat.

Ihr stehen nun weitere Zahlungen ins Haus. Mehr als 21.000 Euro haben ihr die Gerichte vorgeschrieben: Sie stehen der Gemeinde Wien als Prozesskostenersatz zu. Gegen sie hatte die Frau- nach Aufkommen des Heimskandals durch Berichte im Kurier 2011 und dem dadurch erfolgten quasi Aufwachen ihrer Erinnerungen – auf Schadenersatz und Schmerzensgeld geklagt.

Stadt kann Exekution führen

Das Verfahren hat sie (und andere) in drei Instanzen verloren: Die Ansprüche waren verjährt. Die Folge: Die Stadt bekam mit den Urteilen ihre Prozesskosten zugesprochen und hat somit einen gültigen Exekutionstitel über die rund 21.000 Euro in der Hand. Sie kann der Frau, auf die sie einst hätte achten müssen und der sie eine „symbolhafte“ Entschädigung von 35.000 Euro gezahlt hat, jederzeit den Exekutor ins Haus schicken. Zu holen wäre für die Stadt nicht viel: Die Frau ist Mindestsicherungsbezieherin, für ihre Prozesse hatte sie Verfahrenshilfe bekommen.

Und, so ihr (ohne Bezahlung arbeitender) Anwalt Johannes Öhlböck im Schreiben an die Justiz: „Die Einbringung stellt eine unbillige Härte gegen ein Verbrechensopfer dar. Meiner Mandantin ist es bis dato aufgrund der Vorkommnisse während ihres Heimaufenthaltes nicht möglich, einem geregelten Leben nachzugehen. … Ich bitte Sie daher, von der Einhebung der Gerichtsgebühren und Kosten von 370 Euro abzusehen.“ Die Antwort der „Einbringungsstelle der Justiz“ steht aus.

Klägerin brachte Sache ins Rollen

Dabei hatten die Erzählungen der erfolglosen Klägerin über die Gewalt im städtischen Heim, so wie später die Schilderungen ihrer zahlreichen Schicksalsgenossen, das Offenbarwerden des Heimskandals erst so richtig ins Rollen gebracht. Die Wilhelminenbergkommission wurde eingesetzt, ein fassungslos machender Bericht über systematische Misshandlung erstellt – und vor einem halben Jahr hat sich die Republik bei den Opfern von Gewalt in Kinderheimen entschuldigt. Beim Festakt im historischen Sitzungssaal des Parlaments erklärte Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), das „offizielle Österreich übernimmt Verantwortung“.

In der Folge beschloss der Nationalrat das Heimopferrentengesetz, auf dessen Basis (geschätzten) 7000 Menschen – die in Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Kirche und in Pflegefamilien malträtiert worden sind – eine Rente von monatlich 300 Euro zusteht. Das Gesetz tritt am 1. Juli in Kraft.

Keine Antwort von Häupl

Ob sich die Gemeinde Wien die mehr als 21.000 Euro von ihrem einstigen Schützling holen wird, lässt sich derzeit nicht sagen. Auf Anfrage des STANDARD verweist eine Sprecherin von Jugendstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) nur darauf, dass die Stadt in Summe bereits 52 Millionen Euro für die Heimkinder zur Verfügung gestellt habe. Anwalt Öhlböck meint, dass die Eintreibung unverständlich sei, „wurden die Betroffenen doch durch von der Gemeinde Beschäftigte in diese Situation gebracht. Diese Leute haben ihnen in ihrer Kindheit unbeschreibliches Unrecht angetan.“

Die Prozessverliererin selbst hat sich Ende November in einem Brief an Bürgermeister Michael Häupl gewendet. Dass sie nun Schulden von mehr als 21.000 Euro bei der Stadt Wien habe, beschäme sie „auf tiefste Weise – obwohl mir das Schlimmste passiert ist, was man einer Kinderseele antun kann“. Die Frau schrieb, es sei „nun an Ihnen, die ganze Angelegenheit auf respektvolle Weise zu beenden“, und bat Häupl um einen Termin. Antwort bekam sie nicht.

Stadt lässt sich Raten bezahlen

In einem anderen von einem „Heimkind“ verlorenen Prozess gegen die Stadt Wien ist man schon weiter. Dieser Klägerin wurden Prozesskosten von 10.605,18 Euro vorgeschrieben. Sie hat sich mit Wien, um die Ungewissheit einer Eintreibung abzuwenden, auf eine Ratenzahlung geeinigt. Von ihr nimmt die Stadt nun 200 Euro pro Monat.

Abgeblitzt beim Menschrechtsgerichtshof

Abgeblitzt sind Gewaltopfer städtischer Heime übrigens auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – etwa der 61-jährige Wiener Theaterregisseur und Künstler Karl Welunschek. Er hat, wie berichtet, Beschwerde in Straßburg eingebracht, unter anderem mit der Argumentation, so wie die österreichischen Gerichte die Verjährungsregeln auslegten, verletzten sie das Menschenrecht auf Freiheit und Sicherheit. Der Gerichtshof hat die Beschwerde nun für unzulässig erklärt.

Renate Graber6. Mai 2017, 11:00

http://derstandard.at/2000057082264/Stadt-Wien-Heimopfern-droht-Zwangsvollstreckung

Tags: Kinderheim – Heimkinder – Kindesmissbrauch  – Gewalt – Kindeswohlgefährdung – Internat – Zögling – Missbrauch – Opfer

Jugendamt – Urteil ignoriert – Vater war fassungslos!

„Falscher Vater“ will Schadenersatz

Horst W. mit Sohn…
Foto: /Privat  Horst W. aus Leverkusen hat auch einen „echten“ Sohn (5)

Deutscher gab 4000 Euro für Anwälte aus, weil Betrüger seinen Namen verwendete.

Horst W. kann sich noch gut an jenen Tag Anfang Jänner 2015 erinnern, der sein privates Glück auf eine harte Probe gestellt hat. Im Postkasten fand der Deutsche einen Brief des Bezirksgerichts Hallein vor. Darin wurde er – wie berichtet – aufgefordert, den Unterhaltsvorschuss für einen damals fünfjährigen Buben aus Kuchl (Salzburg) zu leisten, dessen Vater er sein sollte. Mindestens 200 Euro wären pro Monat fällig gewesen. Bis zum Jahr 2020.

„Ich war fassungslos“, sagt der 32-Jährige aus Leverkusen. Die Mutter des Kindes kannte er nicht. W. erinnerte sich an einen Anruf der Kriminalpolizei im Jahr 2011 zurück – sein Ausweis war in Österreich von einem Unbekannten verwendet worden. Der Verlust des Dokuments lag da bereits vier Jahre zurück.

Für den Deutschen begann ein langwieriger Kampf mit der österreichischen Bürokratie. „Es war alles sehr hektisch. Ich musste so schnell wie möglich einen Anwalt organisieren. Anfangs wollte aber niemand den Fall übernehmen“, schildert W. die Tage, nachdem er den Brief erhalten hatte. Am 15. Juni kam es am Bezirksgericht Hallein zu einer Verhandlung. „Das Gericht hat dabei festgesetzt, dass ich nicht der Vater sein kann, weil ich nie Geschlechtsverkehr mit dieser Frau hatte. Das hat sie auch so ausgesagt.“

Behörde ignorierte Urteil

Das Gericht erklärte die Vaterschaftsanerkenntnis für unwirksam. Die Forderung blieb dennoch bestehen. „Das Jugendamt wollte das Urteil nicht wahrhaben. Die haben einen Sündenbock gebraucht, der zahlt„, empört sich der 32-Jährige. Erst als er sich bei der ORF-Serie „Am Schauplatz Gericht“ meldete, zog die Behörde zurück. Halleins Bezirkshauptmann Helmut Fürst beteuert, er habe erst im Oktober durch den Anruf der Journalisten von dem Fall erfahren. „Am nächsten Tag habe ich angewiesen, dass alle Rekurse unsererseits zurückgezogen werden.“ Seine Mitarbeiter hätten über das Ziel hinausgeschossen. „Das Wohl des Kindes stand im Vordergrund“, sagt Fürst. Erst Mitte Dezember beendete der Oberste Gerichtshof (OGH) die Posse endgültig.

Ausgestanden ist die Causa für W. nicht – trotz des OGH-Urteils zu seinen Gunsten. Seine Anwaltskosten belaufen sich auf mehr als 4000 Euro. Für den Koch in einer Betriebskantine „verdammt viel Geld“. Der Geschädigte musste eigenen Angaben zufolge einen Kredit aufnehmen. Eine Schadenersatzklage steht im Raum. „Wir müssen das noch überlegen, aber die Möglichkeit gibt es, ja“, sagt Karl-Heinz Pühl, der Anwalt von Horst W.

Mitleid mit Mutter

Der Geschädigte wartet bis heute auf eine Entschuldigung der Halleiner Behörden. Für die Mutter des Kindes empfindet Horst W., selbst Vater eines fünfjährigen Sohnes, Mitleid. „Die Frau hat sich bei mir entschuldigt. Das fand ich sehr nett. Sie kam mir verzweifelt vor. Sie hat einen Mann geliebt, den sie nicht wirklich kannte.“

Die Suche nach dem wahren Vater des Kindes läuft weiter. Rund zehn Hinweise aus Oberösterreich, der Steiermark und Salzburg sind eingegangen. „Mit ziemlicher Sicherheit wird der Täter festgestellt“, meint Polizei-Sprecherin Valerie Hillebrand. Details gebe man in den kommenden Tagen bekannt.

POLIZEIBILD/FAHNDUNGSFOTO: BETRUG, SCHWERER BETRUG

Foto: APA/POLIZEIDieser Mann soll der leibliche Vater eines heute sechsjährigen Buben sein

 

(kurier) Erstellt am 25.02.2016, 06:00
http://kurier.at/chronik/oesterreich/falscher-vater-will-schadenersatz/183.177.977
Tags: Exekution – Rechtsstaat – Gericht – Jugendamt – Pfändung – Vater – Kindesunterhalt – Unterhaltsklage – Justizopfer – Väter –  Missbrauch mit dem Missbrauch – Zahlvater – 

Betretungsverbot – Kinder werden aus Kindergarten geworfen – bei SPÖ Gabi Burgstaller – Stadt Salzburg

Kinder werden aus Kindergarten geworfen

Weil Eltern Beiträge schulden, wurden
heuer schon mehrere Kinder aus Kindergärten
der Stadt Salzburg „geworfen“.

Rund 360 Kinder, die städtische Kindergärten besuchen, stehen jeden Monat auf der Mahnliste des Magistrats Salzburg.
Ihre Eltern zahlen den Kindergartenbeitrag nicht zeitgerecht. Viele stecken in Schulden oder in anderen Problemen.
Im Magistrat ist man bestrebt, dass Eltern Abbuchungsaufträge einrichten – andernfalls als letzte Konsequenz bei Nichtzahlung der Ausschluss aus dem Kindergarten drohe.
„Wo bleibt die soziale Integration von Kindern, wenn man sie aus Geldgründen
aus dem Kindergarten wirft?“, ist ein Vater empört.
Er bekam im Kindergarten eine „schwarze Liste“ in die Hände. Tatsächlich wurden heuer schon mehrere Kinder aus diesen Gründen nach Hause „abgeschoben“.

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DASS DIE KINDERGARTENRECHNUNGEN auf den Garderoben-Kistchen (Bild) angeklebt werden, soll sich bald ändern, heißt es beim Magistrat. Die Rechnungen hängen dort oft erst zwei Tage vor Ende der Zahlungsfrist.

Die Stadt Salzburg exekutiert, was in der städtischen Kindergartenordnung festgeschrieben ist: Wenn Eltern nicht zahlen, muss das Kind gehen. „Aber was kann ein Kind für seine Eltern?“, fragen Kritiker empört.

Eigentlich sollte Michael R.  (alle Namen geändert) nichts von dieser Liste wissen. Doch sie hing versehentlich in der Kindergarten- Garderobe aus. „Familie T.:
Zahlungsfrist bis …, ansonsten droht Abmeldung.  
Familie M.: muss Abbucher einrichten, ansonsten Kindergartenbesuch nur noch am Vormittag …“ Die Liste ist lang. Dass ein Kind nur noch am Vormittag, nicht aber beim Essen und am Nachmittag im Kindergarten sein darf, betrifft jene Kinder, die im Herbst in die Schule kommen. Sie sind im „Kindergarten-Pflichtjahr“, können also vom Magistrat nicht komplett abgemeldet werden. Jüngere Kinder dagegen schon. „Das darf doch nicht wahr sein, dass eine reiche Stadt wie Salzburg einfach Kinder aus dem Kindergarten wirft“, ärgert sich Michael R.

Ein Schuss nach hinten „Schrecklich“, findet so eine Praxis auch Familienlandesrätin Tina Widmann (ÖVP). Es sei nicht einzusehen, warum ein kleines Kind ausbaden müsse, was die Eltern ihm eingebrockt haben. Widmann: „Solche Schüsse gehen nach hinten los.
Dann wird der Zorn am Kind ausgelassen.“ Dass in der Stadt Salzburg in Sachen Kleinkinderbetreuung
(Ressort Vizebürgermeister Martin Panosch, SPÖ) so manches eigenwillig läuft, hört man übrigens aus vielen Ecken.
„Sind keine schwierigen Familien“
Die Stadt steht zu den Ausschlüssen. Bei einer „einstelligen Anzahl“ an Kindern im Jahr habe man wegen
ausbleibender Beitragszahlungen keine Wahl: Das Amt meldet sie vom Kindergarten ab. Das bestätigt Jutta
Kodat, Leiterin des Amtes für Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen auf SF-Anfrage. Die Kritik weist Kodat zurück. „Die Kinder, die wir zurück zu ihren Eltern schicken, kommen nicht aus schwierigen Familien“, so Kodat. Manche hätten abstruse Ausreden, warum sie nicht zahlen, andere sogar ein Au- Pair-Mädchen zuhause. Man spreche sich genau mit dem Jugendamt ab, ob das Kindeswohl gewährleistet sei, so Kodat.
Ein Argument, das erfahrene Kindergartenpädagoginnen nicht glauben.
Gerade gebe es wieder einen Fall, wo der Ausschluss bevorsteht, obwohl für das Kind der Besuch des Kindergartens sehr wichtig wäre.

Exekutionen oft schwierig
Um die 360 Kinder hat der Magistrat Salzburg regelmäßig auf seiner Mahnliste. Die Gründe sind vielfältig.
Viele Mütter und Väter haben Probleme, nicht nur mit Geld. Viele beantragen keine Ermäßigung, obwohl
sie das könnten, heißt es beim Magistrat. Exekutionen seien oft schwierig. Wird als Zahlungspflichtige
die Mutter angegeben und die ist Hausfrau, hat sie kein Einkommen und kann daher nicht exekutiert
werden. Manche Familien haben „Altlasten“ bis zu 2.000 Euro. Nötig seien Abbuchungsaufträge, findet
Amtsleiterin Jutta Kodat. Bevor man die zur Pflicht machen kann, müsste erst der Gemeinderat die Kindergartenordnung ändern.

Reformbedürftiges System
Dringend reformbedürftig ist das System, wie derzeit Geld eingetrieben wird: Damit die Stadt kein Porto
für die Kindergartenrechnungen zahlen muss, werden diese im Paket in den Kindergarten geliefert und dann von den Pädagoginnen mit Tixostreifen auf die Garderoben-Kistchen der Kinder gepickt. Nebenbei sollen sie säumige Eltern zum Einrichten eines Abbuchungsauftrages überreden.
Eine peinliche Angelegenheit neben sich an- und ausziehenden Kindern und anderen Müttern und Vätern.
Mit diesem alten Modus soll bald Schluss sein, heißt es aus dem Magistrat.
Dass die Rechnungen an die einzelnen Familien gesendet werden, sei derzeit noch eine Budgetfrage.
Zumindest die „Elterngespräche“ übernimmt jetzt das Amt. „Eine Mitarbeiterin ruft alle Eltern an, die nicht fristgerecht zahlen“, erklärt Jutta Kodat.

Manche Eltern pfeifen aufs Zahlen
Es gibt auch Eltern, die zahlen könnten, es aber einfach nicht tun. Wenn ihnen vom Amt angeboten
wird, ihre Schulden wenigstens in Zehn-Euro-Etappen abzuzahlen, nehmen sie nicht einmal dieses Angebot an. „Da fehlt jeglicher Zahlungswille“, weiß man im Amt.
Manchmal scheint unklar, ob eine Familie für die Betreuung ihrer Kinder nicht zahlen kann oder will. Spätestens wenn die Eltern mit einem schicken nagelneuen Auto direkt vorm Kindergarten vorfahren, bekommt so manche Kindergartenleiterin Klarheit. „In solchen Fällen versuche ich nicht mehr zu vermitteln, das ist sinnlos“, sagt eine von ihnen. 

20.3.2013 – Quelle:
http://www.salzburger-fenster.at
Sabine Tschalyj